Vor einer Weile war ich auf Reisen in Australien. Jedes Mal das selbe: aus dem Bus ausgestiegen, zum Hostel, dort eingecheckt und mich erstmal ins Zimmer begeben. Und dann saß ich erstmal da, starrte ins Leere und fragte mich, was ich denn jetzt, genau jetzt tun sollte. Freilich, ich hatte genaue Pläne, was ich über die Tage, die ich an diesem Orte gedachte zu verweilen, alles mindestens tun wollte um am Ende allen von dem tollen Strand mit fast,jawirklichfast-weißem Sand und türkisblauen Wellen, von dem süßen Städtchen mit den unheimlich billigen - dank Asia-Import - Geschäften und den ach so coolen Bars erzählen zu können. Und sich natürlich selbst daran zu freun, wobei hier die Differenz zwischen der eigenen und der geteilten Freude ohnehin ein ganz eigenes Thema ist, das es sich eines Tages lohnen würde, auszuschlachten.
Jedenfalls war es nie so, dass ich absolut hirn- und planlos dort war. Die Sache war nur: Ich fühlte mich fremd. Ich fühlte mich allein. Ich war müde und ein bisschen traurig und suchte für diese ersten Minuten krampfhaft nach Anhaltspunkten meines bisherigen Lebens (und seien es nur die vorhergehenden Tage).
Und da sah ich sie: Da war diese Japanerin (ich nehme stark an dass sie eine war, zumindest sah sie meines Ermessens so aus und naja die nachfolgende Schilderung bekräftigt die These), sie kam herein, wir teilten uns ein Zimmer (auch noch mit vier anderen, aber dahingehende Schilderungen unterlasse ich nun lieber). Sie blickte ein wenig schüchtern und ängstlich umher und drückte in ihrer Mimik und Gestik exakt das aus, was ich selbst auch empfand: "Huch, wo bin ich hier und huch was mach ich hier so alleine." Kurzes Schweigen. "Und jetzt?"
Doch im Gegensatz zu mir, starrte sie nicht in die Ferne, sobald sie sich erschöpft auf das letzte freie Bett plumpsen ließ. Nein, ein paar Handgriffe und ruckzuck beförderte sie etwas ans Tagelicht, das ihr Augenlicht wieder erstrahlen ließ: Ein niegelnagelneuer papierdünner Laptop. (Ich weiß natürlich nicht ob niegelnagelneu oder nur sehr gut erhalten dank guter Führung)
Fort war jeder Trübsal aus ihren Gesichtszügen. Es kehrte eine Ruhe in ihr ein, ein Gefühl des Ankommens, das in einer warmen und gigantischen Welle zu mir hinüberschwappte. Ich konnte nur staunen, aber auf einmal sah das Bett nicht mehr aus, wie irgendein Bett. Nein, so wie sie sich im lässigen Schneidersitz auf ihm elegant niedergelassen hatte mit der technischen Errungenschaft auf ihren Beinen, war es eindeutig: Das war jetzt ihr Bett.
Und da wo sie war, war ihr Zuhause. Denn ihr Anknüpfpunkt war direkt vor ihrer Nase: Der Laptop. Sie grinste, tippte, lachte einmal, tippte wieder, fing dann an zu skypen und hatte noch mehr Spaß. Es war ganz klar: Der Laptop war ihre Verbindung zu ihrer Heimat und letztlich auch zu ihrer eigenen Stabilität. Sie hatte da drinnen ihre Kontakte und Menschen, ihre Erinnerungen und Fotos und alles, was sie auf Reisen so brauchte.
Ansonsten würde ich bei Besitz nicht von etwas stabilisierendem sprechen. Besitz kann m.E. niemanden psychisch festigen (höchstens finanzielle Unabhängigkeit und Sorglosigkeit, das jedoch nicht als ganzheitliches Glückskonzept sondern nur als Basis. Aber ich glaube es ist noch niemand durch einen Lottogewinn von seiner tiefgreifenden Depression geheilt worden).
So ein Laptop beinhaltet jedoch, wie schon gesagt, nicht nur die Technik an sich. Es ist das Internet, das ihn zu etwas besonderem macht. Die Welt in der Tasche mit sich mittragen.
Irgendwann sah sie mich an, etwas unsicher und wie sie meine offenkundige Bewunderung bemerkte, lächelte sie und sagte mit neckisch-liebe vollen Klang in der Stimme: "My boyfriend is a nerd haha!" Als stünde er neben ihr und sie könnte ihm spontan mal eben einen Hieb in die Seite verpassen.
Und da war mir klar: Ich brauch das auch, so einen Laptop.
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