Samstag, 14. Juli 2012

Die geniale Philosophie der Computerspiele

Es gibt da ein Spiel, das mich immer wieder von Neuem fasziniert und begeistert. Manchmal, nach einer sehr intensiven Spielperiode, muss ich es erst mal eine Weile weglegen, um mich danach wieder mit frischer Begeisterung darauf zu stürzen. Doch das Prinzip ist und bleibt meiner Ansicht nach genial und hält mich nun schon seit zwölf Jahren bei der Stange. Die Rede ist vom weltbekannten Computerspiel "Die Sims". Egal ob 1, 2 oder 3, fanatisch bin ich von der ersten Stunde dabeigewesen, die Rolle von bis zu acht Familienmitgliedern zu über- und ihr Leben in meine Hand zu nehmen.


Sims 3 und die Philosophie

Mitunter beinahe philosophische Anwandlungen verspüre ich des öfteren beim Spielen von "Die Sims 3". Man sieht die Welt aus den Augen eines Sim und hat einen genauen Überblick über seine Vorlieben, Bedürfnisse und, ganz besonders: Seine Lebenswünsche. Es ist eine überschaubare Zahl an Dingen, die er gerne haben möchte und die ihn glücklich machen, wenn ihm diese erfüllt werden. Ein Leitsatz, der auftaucht, wenn man gerade während einer Ladezeit warten muss, lautet: "Wenn du mal nicht weißt, was du jetzt tun sollst, dann sieh dir die Wünsche deiner Sims an. Sie verraten, was dein Sim als nächstes tun möchte."
Klingt banal? Ich finde es genial!

Wie oft war ich schon unzufrieden im Alltag. Trieb Stunden vor mich hin und konnte dieses blöde Gefühl der einerseits Langeweile und andererseits Ratlosigkeit in diesem Moment nicht durch etwas Besseres ersetzen. Grübelte, tat vielleicht auch etwas, wovon ich dachte, dass es jetzt sinnvoll wäre. Tat vielleicht etwas, das anderen Spaß macht und hoffte, es würde mir genauso gehen. Saß oft einfach nur da und schlug sie tot, die Zeit. Einfach nur weil grade nix Besseres des Weges kam.
Wenn ich ein Sim wäre, wäre das nicht passiert. Der Sim folgt genau dem, was er als nächstes gerne tun möchte. So vielfältig die Wünsche auch sind ("ein langes Bad nehmen", "einen Computer über 1000 Euro kaufen", "jemanden umarmen", "Logikfähigkeiten verbessern"), irgendeinem wird er schon nachkommen können. Mit der Folge, dass er glücklicher ist und sich auf die weiteren Lebenswünsche stürzen kann.


Wünsche erfüllen, glücklich sein

Es ist nicht einfacher gesagt als getan, denn mir persönlich hat dieses Prinzip nun schon oft tatsächlich geholfen. Mir war langweilig, ich fühlte mich zuweilen etwas rat- und/oder antriebslos. Da überlegte ich: Ja was willst du denn jetzt eigentlich? Schon sind die Stöpsel meines iPods in meine Ohren getroffen, Schuhe und Jacke angezogen und ich hinausmarschiert für einen Spaziergang am Fluss. Wind schlägt mir entgegen, ich schließe die Augen, nicke mit dem Kopf zu meinem Lieblingslied und lasse mich treiben. Bin glücklich. Wunsch erfüllt.

Eine andere Sache die ich genial an Sims finde: Es ist Leben in Kleinformat. Eine Miniversion, extrem vereinfacht, des echten Lebens, in dem man probieren kann ohne Konsequenzen. Im Spiel sieht alles sehr einfach aus. Zuweilen natürlich einfach trügerisch, denn es handelt sich, wie gesagt, um eine stark vereinfachte Version der Realität. Doch manchmal merkt man erst, wie einfach auch die echte Welt doch eigentlich sein kann. Sie haben Lebensziele, die sich realistischerweise nicht in diesem Universum erfüllen lassen? Na, dann ändern Sie doch einfach Ihr Lebensziel! Wie man den neuen Liebhaber einheiratet, merkt man, dass man dessen jugendlichen Bruder, der noch bei ihm lebt, nicht einfach im Haushalt alleine zurücklassen kann? Na, dann nimmt man ihn doch mit auf. Und merkt: Es ist gleich viel lustiger, zu mehrt in der Bude!


Leben wie ein Computerspiel?

Es lassen sich von heut auf morgen neue Karrieren aufgreifen, neue Talente entdecken und einfach mal, aus einem plötzlichen Impuls heraus, das Schachspiel erlernen, durch Teleskope schauen und mit dem Schreiben eines Science-Fiction-Romans beginnen. Geht nicht, gibt's nicht. Man muss es einfach nur tun.

Wir sind keine Sims und das ist kein Spiel, das Leben, durch das wir gehen. Unsere Wege sind komplizierter, unsere Bedürfnisse verwinkelter und unsere Persönlichkeiten und unsere Seele nicht ergründbar wie die Eigenschaften eines Sims.

Aber manchmal kann es helfen, das Leben ein bisschen mehr wie ein Computerspiel anzusehen.  Probieren geht über Studieren, Übung macht den Meister und soweiter. Es ist wirklich was dran. So wie ein Sim plötzlich aus einem Impuls heraus mit dem Gärtnern anfängt, können wir das genauso. Es gibt oft viel weniger zu verlieren, als man glaubt.

Aber eine Menge zu gewinnen.
Vor allem eins: Freiheit und ein Leben voller Abenteuer.

Sonntag, 8. Juli 2012

Wenn Komplimente weh tun

Soweit ich mich zurück erinnern kann, hatte ich immer ein seltsames Gefühl, wenn mir jemand ein Kompliment machte. Egal, ob ein Solo im Chor gut gelaufen war, ich zur Abwechslung mal eine gute Note in Mathe ergattert hatte oder aber mir das neue Kleid gut stand. Natürlich war da Freude und Glück darüber, geschätzt zu werden. Wer wird nicht gern gelobt. Natürlich war vielleicht auch ein wenig Stolz da, ein Push fürs Selbstwertgefühl, fürs Ego, ein antreibendes Klopfen auf die Schulter, das Mut für neue Wege machte. Doch das war eben nicht alles. Da schwang noch etwas anderes mit. Lange habe ich gebraucht, um das Gefühl zu entschlüsseln, diese seltsamen Gedanken und Ängste, die dann kamen, wenn man sie am wenigsten vermutet hätte. Inzwischen glaube ich, sie identifiziert zu haben. Es ist die Angst vor der Vergänglichkeit.

Das Heute ist eigentlich frei

Bindungsphobiker, Burnout-Opfer und unverbesserliche Workaholic-Perfektionisten haben möglicherweise eins gemeinsam. Es geht ihnen nicht um das heute. Das Hier und Jetzt liegt klar in der Hand. Der Burnout weiß, dass er nur seinen Rucksack packen, den nächsten Bus nehmen muss und dann wandern kann, so weit er will. Der Bindungsphobiker weiß, dass er nach einer schönen Zeit zu zweit im Stande ist, sich wieder seines eigenen Weges zu machen. Und der Workaholic weiß, dass das anstehende Projekt auch am nächsten Tage noch rechtzeitig fertig würde, wenn er nun seine Arbeit in den Schoß legen und den Feierabend genießen würde. Ja, das Hier und Jetzt ist klar ersichtlich, da es direkt vor einem liegt und greifbar ist. Ob ich mit den Augen zwinkere, den linken Arm hebe, oder gar aufstehe. Die direkten Konsequenzen kenne zunächst nur ich selbst. Es bin also allein ich die Entscheidungstragende.

Auf zu neuen Leistungen: Die Angst vorm Morgen

All die genannten Persönlichkeitsprofile denken meines Erachtens nicht ans Jetzt, nicht ans Heute. Es geht um das Morgen. Es sind die Konsequenzen, die ein Handeln mit sich zieht. Wer heute geleistet hat, der sollte das auch morgen tun. Wer heute seiner Angebeteten die ewige Liebe versprochen hat, der hat sie schließlich auch morgen noch zu empfinden. Es ist entweder ein tolles Versprechen, das aufrecht erhält oder aber eine niederschmetternde Erkenntnis: "Und morgen wieder das selbe". Eine Idee, ein neues Feuer brennt eine Weile in der Euphorie über Besonderheit und Neues, bisher Unbekanntes. Doch dann beginnt es zu flackern, schwächer zu werden. Neues Brennholz muss her, neue Genialität, neue zündende Ideen.
Und da beginnt sie, aufzukeimen. Die Angst vor der Zukunft. Eine Müdigkeit und Trägheit, die sich schwer über die Glieder legt im Anbetracht der Tatsache, es könnte vielleicht nie genug sein. Eine lähmende Betäubung, wenn jeder Tag aus eigener Kraft geschmiedet werden muss. Nichts von selbst kommt und alles darauf baut, dass man ja so geschickt und klug bleibt, wie man es schon war. 

Ein glücklicher Tag ist schön, doch wohin führt er, wenn es zuviele der schönen Tage werden? Wenn sie sich aufhäufen zu einem einzigen Kontinuum, das auf Dauer alle Sinne und Gefühle betäubt und blind macht für die Schönheit? Licht braucht Dunkel und Mensch erkennt Besonderes, leider aber oft nicht Alltägliches. Und sei das Alltägliche noch so bezaubernd.

Dilemma der Fleißigen und der großen Taten

Das ist also das Dilemma. Wer immer eine tolle Leistung bringt, große leidenschaftliche Gefühle empfindet, geniale Ideen hat. Es wird einmal nicht mehr jetzt sein, sondern gestern. Es wird verrauchen und vergehen und an seine Stelle müssen dann die neuen Wunder her. Diese müssen sich einem immer höher werdenden Erwartugnsdruck stellen, ihm gerecht werden. Nicht weniger faszinierend und toll als das davorherige dürfen sie sein. Am besten noch größer, besser, höher, weiter.

Klingt deprimierend? Ja, deswegen hatte ich wohl immer dieses Gefühl, wenn mir jemand ein Kompliment machte. Ich wollte den Moment anhalten, die Gabe aufrecht erhalten und für immer als etwas besonderes gelten lassen. Doch ich wusste, das Morgen käme so sicher wie das Amen in der Kirche. Und das Kompliment würde mit sich auch die Erwartung ziehen, Tolles möge entweder genauso toll bleiben oder besser noch sich entwickeln und größer und stärker werden. Wer ein Kompliment für seine Figur erhält, bekommt gleichzeitig mit auf dem Weg: "So ist es gut! Verändere dich nicht!" Zumindest hört es sich in meinen Ohren so an und es wäre interessant für mich, zu erfahren, ob es anderen nicht ähnlich geht.

Und wo geht's da raus?

Was ist der Weg aus diesem Schlamassel?
Ich glaube, er ist nicht schwer. Quer denken ist mal wieder gefragt.
Es geht vielleicht einfach nicht darum, was man kann, was toll ist an einem und was nicht.
Es geht darum, seinem Herzen zu folgen. Nichts zu tun, weil andere es toll finden und loben, sondern weil das eigene Herz voll Euphorie klopft dabei. Und noch etwas, das vielleicht nun wie eine Binsenweisheit klingt, aber nun einmal von immer währender Bedeutung und Richtigkeit sein wird:
Bei Menschen zu sein, die einen schätzen, wie "gut" oder "schlecht" man eben gerade ist.
Und aufeinmal zählt es gar nicht mehr so viel, das Kompliment. Es ist eine Wertung, es ist ein Geschenk. Es ist nichts, worauf man sein Leben stützen könnte oder sollte

Aber das warmherzige Lächeln der eigenen Mutter oder eines guten Freundes, das Gefühl von Geborgenheit. Darauf kann man bauen. Auch das Morgen wird es nicht einreißen, denn das Fundament setzt hier nicht darauf, immer weiter zu schaffen, zu bauen und möglichst erfolgreich zu sein. Es steht einfach und bietet ein Zuhause. In das wir uns zurückziehen können, auch wenn Komplimente von gestern auf heute nicht mehr zählen und alles sich zu verändern scheint.

Und die Komplimente, der Lob und all die Aufmerksamkeit? Die großen Säulen für viele, die dominierende Leistungsgesellschaft? Ach, zum Teufel mit ihr.

Dienstag, 3. Juli 2012

Die Seelenorte







Es gibt da so einen Ort, an den komme ich immer wieder gerne hin. Nein, stimmt nicht. Es sind viele. Einer davon ist seit relativ junger Zeit das Paracelsusbad im Mirabellgarten. Schon während ich meine Sachen in die Tasche packe und vorsätzlich bereits in den Bikini schlüpfe, kommt sie in mir auf, diese Vorfreude.

Durch den malerischen Garten hindurch spaziert, wo Vögel zwitschern und Menschen schlendern, steht man direkt vorm einladenden Eingang. Ein Gefühl der Ruhe, der Zeitlosigkeit und des Sich-Gut-gehen-lassens überkommt mich, wenn ich die warme Luft spüre und den Geruch, der nach Kur und Hotel riecht. Umgezogen, geduscht und die Stiege hoch zum Becken sind es nur noch Sekunden die mich vom Wasser trennen. Handtuch abgelegt, noch einmal den Blick über das einladend warme Wasser streifen lassen und hinein gehts in das Wasser. Es fühlt sich leicht an, man scheint zu schweben. Und dann schwimme ich. Mit Kopf unter Wasser und ganze Welt weit weg, nur der sanfte Druck und ich, wie wir eins werden. Hin und wieder sieht man sich an, lächelt sich zu. Aber das hier ist ein Raum, in dem der Alltag nicht zählt. Hier ist Ruhe.

Warum ich das so genau ausführe? Ich wollte einen Einblick vermitteln in das, worum es in diesem Artikel gehen soll. Die Wohlfühlorte, Seelennischen, wie immer man es nennen mag. Es sind Orte, an denen wahlweise die Zeit stillsteht oder rast, weil man solchen Spaß hat. Denn die Wohlfühlorte müssen nicht automatisch ruhig sein. Gut möglich, dass ein Rennfahrer dieses Gefühl hat, wenn er gerade mit 300 Sachen auf der Rennstrecke dahin wetzt. Ein anderer liebt es, Actionfilme im Kino mit lautem Geballer anzuschauen oder, oh schmach, sich Proletenfernsehen bei RTL reinzuziehen. Die Seelenorte sind nämlich nicht immer rein lokal. So wäre es nicht unbedingt richtig, nur zu sagen, das Paracelsusbad wäre der Ort an und für sich. Es geht um das Gefühl, das ich dort habe. Die Menschen, die ich dort sehe. Das Wasser, das mich umgibt und mich in seiner warmen, leichten Art jedes Mal sanft zu umarmen scheint.
Seelenorte sind nicht einfach so da und können geteilt werden. Seelenorte wurden von einem individuellen Menschen ganz eigen für sich erkoren. Der Mensch hat sich den Platz erwählt, weil er Assoziationen mit ihm verbindet. Weil es ihn vielleicht an ein schönes Kindheitserlebnis erinnert, an einen Menschen, an einen Urlaub. Und weil ihm an diesem Ort eins gelingt: Abschalten.
Natürlich haben viele gleich Sonne, Palmen und Sandstrand vor Augen. Hat sicher auch als Seelenort seine Daseinsberechtigung. Aber es gibt Sonne, Palmen, Sandstrand oder zumindest das Gefühl des Loslassens auch einem anderen Fleck irgendwo in Ihrer Nähe. Ganz bestimmt. Sie müssen Ihn nur finden.

Vielleicht ist es das, was man dem Internet anprangern könnte, somit aber auch dem Fernsehen und all denen, die es uns leicht machen, einfach gar nicht erst nach Seelenorten zu suchen. Ich glaube, dass so viele Burnouts oder auch  "nur" Stress bishin zur Ermüdung und Rastlosigkeit verhindert werden könnten, wenn die Menschen sich über ihre Ressourcen mehr Gedanken machen würden. Und nein, damit meine ich sicher nicht, was sie leisten können. Das tun wir in den heutigen Zeiten von Selbstverwirklichung und Individualisierung weiß gott genug. Ich meine eher: Was will ich? Woran denke ich gerne zurück? Was fällt mir spontan zum Thema "Mich so richtig wohlfühlen" ein? Wer durch Nachdenken nicht zur Erleuchtung kommt, macht nichts. Neues ausprobieren schadet in so einem Fall nicht.
Letztlich ist das Ziel, nicht wieder irgendwo ein tolles neues Hobby zu zelebrieren. "Ich kann einfach nicht abschalten", diesen Satz hört man ja oft. Ich glaube: Doch, schon. Nur halt nicht unbedingt bei Facebook. Das soll nicht heißen, dass das nicht möglich wäre. Das soll nur heißen, dass es Spaß machen kann, ein paar Experimente zu wagen, die wenig mit neuen Zielen ("Endlich joggen gehen!") oder Verpflichtungen (gesünder kochen! überhaupt kochen!!!) zu tun haben. Da reicht es schon, die Beine mal auf die Couch zu legen und die Gedanken herum schwirren zu lassen. Vielleicht sich nen Zeichenblock zu schnappen und wild drauf loszukritzeln. Schuhe an und einfach mal bisschen bummeln, ganze ohne sportlichen Hintergedanken.

Mich persönlich hat eine Freundin auf das Hallenbad gebracht. Mich, die vorher so eine Hallenbadverweigerin war (weil sie im Kopfe noch die eher wenig hübschen der Vergangenheit im Kopfe hatte). Mich hat es überzeugt, dieser Ort der Kur und Enthastung.
Sich von Freunden bei der Suche nach dem eigenen Seelenplätzchen helfen zu lassen, ist also mehr als legitim. Ich wünsche viel Glück!

Sonntag, 1. Juli 2012

Ja, und dann?



In diesem Leben räumen sich die Menschen in Schubladen. Aber Anna nicht, läuft frei herum. „Wie geht’s dir?“ fragt sie wen. Nicht in echt, sondern im Internet bei Facebook. Da sind jetzt alle, denn das ist einer der wenigen schubladen-verschont gebliebener Räume. Kann man einfach sein, muss nicht fragen, warum. Geht ja auch ganz schnell. „Gut“, antwortet der andere. Sie wird es wohl glauben müssen, sein Gesicht sieht sie ja nicht. Sagt halt nur jeder, kann es dann stimmen?

Sie ruft ein paar Leute an. Es hat keiner Zeit, sie arbeiten. Sie lernen. Sie sind auf jeden Fall zu beschäftigt, um sich unerhörte Zeit zu nehmen. Wächst nicht auf Bäumen, Anna. Wächst sie doch, murmelt sie leise. Wächst auf den Bäumen, an denen ich vorbeilaufe. Hat sich flink Badesachen in den Rucksack gepackt und macht sich auf den Weg. Läuft an Menschen vorbei, die zusammen in der Sonne sitzen. Die Genießer, denkt sie fröhlich. Sieht dann das Smartphone in der Hand. Sieht den gehetzten Blick immer wieder auf die Uhr. Hört sie reden „Muss gleich weiter.“ Ja, sie sitzen nicht um des Sitzens willen. Es ist ein Warten auf die nächste Episode. Anna geht weiter. Atmet ein, atmet aus, es ist ein wirklich heißer Tag. Sonne brennt, hin und wieder ein Windstoß, der sich erbarmt, den erhitzten Körper mit kühlerer Luft einzutauchen, zu umspülen. Einatmen, ausatmen, ein Fuß folgt dem anderen und die Baumwipfel ziehen einer um den anderen allmählich an Annas Kopf vorbei, als würden sie ihre Schritte zählen. Neben ihr der Fluss bestätigt sie auf ihrem Weg, fließt in die selbe Richtung. „Wohin des Weges, Wasser?“, fragt sie, fühlt sich erst dumm, dann merkt sie, dass sie eh keiner gehört hat. Fluß fragt prompt frech zurück, das hätte sie ahnen müssen: „Ja, wohin des Weges, Anna?“ „Na, zum See!“ Und dann?

Es ist das „und dann“, das ihr Unruhe bereitet, sobald sie zulange in der Welt verbringt, die die Leute modern nennen. Es wird das gemacht, dies geschaffen, hier gelernt, da beworben und immer wieder bitte etwas Neues, an dem man sich ganz frisch entdecken kann. Neue Wege jeden Tag. Und dann?
Was wäre denn, wenn und dann gar nicht da wäre. Wenn es einfach nur wäre „So hier und jetzt und basta. Nix dann. Jetzt eben.“
Ist es das, was die Philosophen und all diese Bio-Ökos mit trendigen Titeln wie „Slow Food“ und „Entschleunigung“ meinen? Ist es genau das, „und dann“ von der Liste zu streichen und mit einem fröhlichen Achselzucken zu beantworten? Einfach so keinen Plan zu haben, das kann doch nicht erlaubt sein.

Aber ohne das hinterhältig gegen den modernen Weltgedanken geplant zu haben, gibt es kein großes „Und dann“ in Annas Kopf. Sie geht und geht, das einzige was sie weiß, ist das am Ende ihres Weges der See ist. Die Sehnsüchte des Sommers, der Ruf der Sonne und von spritzendem Seewasser und dem Gefühl von gluckerndem Wasser um die Ohren,n wenn sie abtaucht. Die treiben ihre müden Beine immer weiter zu ihren Gefilden des Glücks.

Nackte Füße berühren dann das Gras, schön kühl trotz all der Hitze. Spürt die Halme an den Zehen, Schritt, Schritt weiter, und dann hat sie es bald um sich tanzen, Wasser nass und heimlich.
Ein paar Züge geschwommen, Kopf kurz nach unten und sie ist angekommen.

Und dann? Wen kümmert's.