Montag, 31. Oktober 2011

Von künstlichen Sehnsüchten

"Ich war noch niemals..."


Früher waren die Leute arm dran. So ganz ohne Internet fehlte es an einer entscheidenden, weil einfachen und unumständlichen Art, sich zu informieren. Über aktuelle News, über Fragen aller Art und ganz besonders: über die persönlichen Möglichkeiten.
Doch Fluch oder Segen: Das ist hier die Frage.


Überall "schicksalhafte" Begegnungen
Was einem früher schicksalhaft in Form eines Aushangs am schwarzen Brett begegnete ("Suche Bandmitglied, Gitarre, bitte melden!"), lauert heute hinter jede Ecke. Egal welchen Suchbegriff man bei Frau Google eingibt, man wird hundertprozentig fündig. Solange es sich hierbei um die Wohnungssuche oder genauere Infos (wobei man auch hier bezüglich Glaubwürdigkeitsgrad aufpassen muss) handelt, ist alles schön und gut.
Doch schon bei der Jobsuche fängt es an und nimmt seinen Lauf was Freizeitbeschäftigungen und weitere Lebensgestaltungsmöglichkeiten angeht.
Die Rede ist von: Auslandsjob. Auslandsaufenthalt generell. Doch nochmal studieren? Was anderes studieren? Studium schmeißen und die Ausbildung anfangen, die so viel mehr nach dem klingt, was man immer schon mal machen wollte? (insbesondere in Phasen, wo das Studium grad nicht mehr so taugt wie einst)
Vielleicht gar alles aufgeben und genau wie der Typ, der da von sich schreibt, sich einfach nur noch auf das Verfassen des ersten Romanes konzentrieren?


Muss man alles wollen?
Die Wahrheit ist: Die Möglichkeiten sind grenzenlos. Aber nicht unser Wille.
Der Mensch ist ohnehin schon ein Herdentier: Einfach bei SEINER Sache zu bleiben, ohne sich von anderen und ihren Zielen beeinflussen zu lassen, fällt so schon schwer. Wenn man da noch ständig vor Augen geführt bekommt, was man denn noch so machen könnte, sonst könnte man ja am Ende etwas -  oh Graus! - verpassen, kann am Ende sogar Angst einjagen.
Aufeinmal ist man voller Tatendrang. Was hat man nicht schon alles an Chancen an sich vorbeiziehen lassen. "Ich war noch niemals in New York", trällert Udo Jürgens leise im Hintergrund, wie wir Job schmeißen und den Flug in ferne Ziele buchen. Um "uns selbst zu finden", so heißt es doch so schön.
Doch Vorsicht. In eben jenem fernen Land kommt oft der Gedanke: "Ja, aber eigentlich, wars doch zuhause ganz schön..."


Künstliche Sehnsüchte
Es entstehen da künstliche Sehnsüchte, die nichts mit unseren eigenen Wünschen zu tun haben. Nur mit Eindrücken, die uns suggerieren: "Der hat es offensichtlich besser als ich! Der macht was aus seinem Leben. Der ist bestimmt glücklicher". Doch: Was jemand anders will und dessen Ideal und Traum ist, von dem er munter im Internet berichtet, muss es nicht für uns sein. Egal ob Weltenbummler, Karrieremensch oder kreativer Bastler: Man kann sich geradezu in Depressionen stürzen, wenn man nicht frühzeitig erkennt, dass man eben eine ganz eigene Person ist. Nur weil man alles kann und darüber Bescheid weiß, heißt das nicht, dass man auch alles will.


Natürlich gibt es auch hier nicht nur schwarz und weiß und die Reise in das ferne Land kann dennoch der Seele und dem eigenen Horizont sehr gut tun. Ausprobieren ist sicher nicht falsch.
Solange man nicht vergisst, dass es genauso gut sein kann, dass das eigene Leben bereits passt wie es ist. Auch ohne Zusatzstudium und Auslandsjahr. Es ist legitim, manche Chancen und Möglichkeiten an sich vorbeiziehen zu lassen, wenn man bereits im Hier und Jetzt zufrieden ist und es einem an nichts fehlt. Die Wünsche und Ziele der anderen müssen nicht automatisch den unseren entsprechen, selbst wenn sie sich noch so "cool und weltgewandt" anhören.


Denn glücklicher als glücklich kann man auch nicht werden.

Mittwoch, 26. Oktober 2011

Hatte Disney doch Recht?

Um das mal gleich vorweg zu nehmen: Nein, ich spreche nicht vom Disneyschen Frauen-Mann-Bild (Mann: groß, Beschützer; Frau: zart, zu beschützend; alle hübsch). Auch spreche ich nicht davon, in jeder Lebenslage ein passendes Liedchen zu trällern (wobei sich das in den aktuelleren Filmen eh gegeben hat, soweit ich das mitverfolgt habe).


Ich spreche mehr von dieser nahezu naiven und unvoreingenommenen Sicht der Welt. Denn was uns als Kindern vollkommen klar war, hatte etwas Beruhigendes: Es gab im Leben Gutes, auf das man einfach vertrauen konnte. Diese unbändige Freude auf etwas, dieses Glück, allein beim Anblick eines neuen Spielzeugs/ frischem Milchreis/ was auch immer man so gerne mochte. Warum genau sollte man das jetzt eigentlich nicht mehr haben?


Klar, vieles dieser Lebensfreude hatte einfach mit dem Kindheitsalter zu tun. Doch ich glaube allein darauf lässt sich das Ganze nicht abwälzen. In unserer Zeit von Zynismus, Skepsis und Ironie bishin zu verschärftem Sarkasmus bleibt irgendwie wenig Raum für das, was doch eigentlich glücklich macht: Naiv sein.
Einfach mal sich freuen. Einfach mal glauben. Einfach mal hoffen. Sich Gefühlen hingeben, sie spüren, ohne zu hinterfragen. Disneycharaktere freuen sich einfach an dem, was sie erleben und glauben immer an das Gute im Leben. Außer die Bösen, aber die werden eh eliminiert.


Was ich hinzufügen muss: Ja, ich liebe Sarkasmus und ja ich bin leidenschaftlich gerne ironisch. Und skeptisch. Wer heutzutage nicht - aber wozu das Ganze?
Und ebenso: Klar wir leben nicht in einer superduper schönen perfekten Welt. Es gibt viel Schlimmes und das lässt sich nicht in ein Disney-Märchenschloss verbannen. Heißt nicht, dass jeder einzelne abstumpfen und zum pessimistischen Zyniker werden muss.
Denn optimistisch und mit Glauben an das Gute kann man doch im Prinzip nichts falsch machen. Denn wer so ist, wird eher helfen, als der pessimistische Zyniker.


Da wäre die Frau, die unsterblich verliebt in einen Mann ist. Sie weiß nicht, ob er ihre Gefühle erwidert. Wie geht es weiter?
a) Sie freut sich am Gefühl und glaubt daran, dass er sich auch in sie verliebt bzw. es im besten Falle bereits ist
b) Sie rechnet sich lieber bereits den Worst Case aus: Er ist nicht in sie verliebt und spielt nur mit ihr. Dazugehörige Tests lassen sich ja prima in Frauenzeitschriften machen, die ihre Skepsis womöglich bestätigen.
Geht die Frau nach Plan a) vor und der Mann will sich dann doch nicht verlieben: Ist sie dann wirklich unglücklicher, als wenn sie sich für Plan b) entschieden hätte? Sie hat sich auf das Gefühl eingelassen, hat eine wunderschöne Höhe erlebt und dann auch eine Tiefe. Was ist besser? Höhen und Tiefen oder Monotonie? (sprich bei Plan b): "Ich habs ja gleich gesagt.")


Augen auf machen und mal raus schaun, wie schön die Welt eigentlich ist. Die hübsche Blume oder den niedlichen Hund überhaupt erst bemerken, statt innerlich schonmal den weiteren Tagesablauf durchzugehen und mentale "to-do-Lists" anzufertigen.
Und einfach mal lachen. Und lächeln. Und laut mitsingen.
Und einfach mal verliebt sein. Komme da, was wolle.
Das Gefühl kann Ihnen keiner nehmen, dieses Glücksgefühl.


Klingt naiv? Klingt uncool?
Probieren Sie's: Denn Ironie und Sarkasmus mögen cool sein und abschirmen aber:


Glücklich machen sie nicht.

Donnerstag, 20. Oktober 2011

Hier und Jetzt ist Alles

Heutzutage hat jeder, der was auf sich hält, eine Menge Ziele. Die Möglichkeiten werden mit Internet und co immer grenzenloser und wir alle sind top informiert über so ziemlich alles, was wir tun könnten. Auslandsemester hier, Freiwilligenarbeit dort und da wäre doch noch dieser Fernkurs zur Fortbildung. Oder wollen Sie nicht gleich ihr eigenes Unternehmen schmeißen? Dank Internet heutzutage mit nur wenig Anfangsinvestition möglich!


In all den Möglichkeiten, die sich da so bieten und die geradezu zu schreien scheinen: "Komm! Pack mich an! Ich bin DEINE Chance!", da kann man leicht mal den Kopf verlieren. Und zwar für das, was wirklich zählt.
Das Glück.


Was ist Glück? Glück ist ein Zustand. Wann empfindet man diesen Zustand? Im Hier und Jetzt. Denn man kann weder rückwärts noch vorwärts fühlen. Und was macht glücklich?
Da wird es komplizierter. Denn zum einen stimmt es: Ziele, Pläne und das Gefühl, etwas langfristig zu bewegen und zu erreichen, machen einen intelligenten Menschen glücklich und steigern höchstwahrscheinlich auch das Selbstbewusstsein, was wiederum - genau - glücklich macht.


Doch was bei all den Zielen, Erwartungen, Ansprüchen und Ehrgeiz manchmal verloren geht, ist gleichzeitig die eigentliche "Geheimzutat" des Glücklich-seins:
Fühlen. Einfach nur fühlen.
Wo bin ich gerade? Wie gefällt es mir hier? Wie geht es mir? Was sehe ich?
Einerseits die Situation um sich herum wahrzunehmen und andererseits in sich hinein zu spüren und statt an Schritt zwei und drei, nur an den gerade machenden Schritt zu denken: Das bedeutet Glück.


Denn was wir mit allen Zielen so anstreben, ist ja das Glück. Es ist ein riesiges Mosaik aus sozialen Kontakten, körperlicher Zustand, wahrgenommene Eindrücke, persönlicher Einstellung etc. Man kann an jedem einzelnen dieser Bausteine basteln, um glücklicher zu werden.
Man sollte nur nicht verpassen, das Glück dann auch zu genießen! Und zwar nicht später, sondern genau jetzt in diesem Moment.


Mir ist das beim Laufen aufgefallen. Denn wenn ich im Nachhinein auf die Route, die ich gelaufen bin, zurücksehe, kommt es mir weit vor.
Doch bei jedem einzelnen Schritt, den ich getan habe, habe ich Glück empfunden und nicht weiter über den weiteren Weg als dringend notwendig gedacht.


Und war glücklich. Im Hier und Jetzt.

Freitag, 14. Oktober 2011

Be yourself, no matter what they say?

Ich bin verwirrt. "Be yourself, no matter what they say" singt Sting in seinem Lied "Englishman in New York". Gleichzeitig heißt es aus allen Ecken: "Lass los, probier Neues aus, lass dich inspirieren!" Man kommt nicht umhin, sich irgendwann zu fragen: Was denn nun? Man selbst sein, oder sich ständig verändern und entwickeln?


Neue Impulse
Denn einerseits hört sich das sehr gut an: Man wandelt sich, kuckt sich Gutes von Anderen ab, möchte an sich arbeiten. Ein Sportmuffel beschließt eines schönen Nachmittags, sich aufzuraffen und kramt die Jogginghose aus dem hintersten Winkel des Kleiderschranks heraus, um sich hinaus für ein paar Laufrunden zu begeben. Ein Workaholic schafft es zur gleichen Zeit, zu schöner Musik und in guter Gesellschaft, das erste Mal seit langem wieder richtig aufzuatmen und sich zu entspannen. Egal, was unser Problem ist, es gibt immer Impulse von außen, denen wir folgen können, um an unserem Problem zu arbeiten.


Oder lieber "be yourself"?
Doch: Dieses Problem ist doch Teil von uns. Würde man dem "be yourself, no matter what..." tatsächlich folgen, so müsste der Sportmuffel sich doch denken: "Ich möchte keinen Sport machen und das ist auch gut so!" Das wäre doch eine selbstbewusste und starke Position und insbesondere, wenn Besagter weder an Übergewicht noch an anderen gesundheitlichen Problemen leiden würde, absolut legitim und gerechtfertigt. Und was mit dem Workaholic? "Ich arbeite viel, aber ich schaffe auch viel und die Arbeit macht mich glücklich!", sagt er und man ist spontan ratlos, um ihm Gegenargumente zu liefern. Denn leidet er weder an Burnout, noch vernachlässigt er im starken Maße seine sozialen Kontakte, was wäre dagegen tatsächlich einzuwenden?


Beides!
Hier ist wohl einfach nur das "Ganz oder Garnicht"-Prinzip nicht angemessen. Natürlich darf ein Sportmuffel Sportmuffel sein. Und natürlich darf ein Workaholic schuften. Jeder Mensch hat ein eigenes Naturell, seine eigenen Wünsche und Ziele. Eine innere Stimme sagt ihm, was er möchte und Gefühle, die er bei seinem Tun und Schaffen hat, geben ihm Recht oder widerlegen das eigentlich Gewollte. Das ist dann wohl das "be yourself". Seinen Weg gehen und das tun, was man selbst für richtig hält und, manchmal noch wichtiger: Was sich einfach richtig anfühlt.


Das Loslassen und sich inspirieren lassen, Neues ausprobieren ist genau das: Ausprobieren. Es heißt nicht, eine Lebensdevise zu übernehmen. Ist bei vielen in Jugendtagen ja bereits schief gegangen, als man merkte, dass man doch nicht ganz so homogen ist in der Clique, in der man ein- und ausging.
Es heißt auch nicht, das Eigene, wenn es sich von dem Neuprobierten unterscheidet, gleich für falsch zu erklären. Man schnuppert einfach nur mal in eine andere Richtung.


Eine stabile Persönlichkeit
Es ist toll, wenn man weiß, wer man ist und was man möchte. Doch in der Welt da draußen gibt es viele große und kleine Dinge, die nur darauf warten, von uns entdeckt zu werden. Das hält das Leben spannend  und tut dem bereits Aufgebauten keinen Abbruch.
Wer wirklich er selbst ist und ein selbstbewusstes und stabile Persönlichkeit verfügt, wird sich nicht einfach von neuem frischen Wind umwerfen lassen. Er wird schnuppern und vielleicht Gefallen dran finden. Vielleicht aber auch nicht. Die Freiheit, genau das herauszufinden, macht meines Erachtens einen wichtigen Teil einer stabilen und gefestigten Persönlichkeit aus. Wie stabil kann sie sein, wenn sich Mauern darum befinden, um ja nichts Neues, Fremdes hineinzulassen?


Stings Song könnte meines Erachtens auch umformuliert werden: "Be yourself, but listen what they say."
Wer weiß, was dann so kommt?

Montag, 10. Oktober 2011

Wenn sich der Sinn noch versteckt

"Na toll, das war ja echt umsonst." Einen solchen enttäuschten oder lustlosen Gedanken hatte jeder schon einmal. Sei es nach einer Vorlesung, deren Inhalt nicht sonderlich spannend erschien oder sei es das Treffen mit einem Freund, von dem man sich mehr erhofft hatte. Auch wenn man einen Nachmittag mal nur mit Träumen verbracht hat oder aber sonst wie das Gefühl hat, oder das Bummeln in den Geschäften am Ende wieder viel mehr Zeit geraubt hat, als man das vorhatte. Es schleicht sich ein ungutes Gefühl ein. Das Gefühl, Zeit verplempert zu haben, die man doch hätte viel besser nutzen können.


Der direkte Nutzen
Ein wichtiger Schlüssel zu einem glücklichen und zufriedenen Dasein ist vielleicht, damit aufzuhören, zu werten. Wir suchen unbewusst und bewusst nach einem tieferen Sinn unseren Tun und Seins. Ein paar meinen damit den Sinn des Lebens, die meisten eher einen weitaus pragmatischeren Sinn. Eine gute Vorlesung beispielsweise hinterlässt das Gefühl, etwas gelernt und Interessantes gehört zu haben. Ein gutes Treffen mit einem Freund enthält eine Menge Austausch und das Aufwerten des eigenen Selbstwertgefühles.


Wer weiß? Niemand.
Doch bei diesen Wertungen geht man davon aus, bereits genau zu wissen, welche Vorteile möglicherweise aus Situationen zu gewinnen sind. Was uns bestimmte Erfahrungen und Erlebnisse "bringen". In unserem Kopf ist eine breite Palette an Sachen, die es zu erringen gibt. Wichtig ist aber, sich klar zu machen: diese Palette ist keineswegs vollständig. Es ist uns oft keineswegs klar, welchen Sinn und welche Bedeutung bestimmte Ereignisse in unserem Leben vielleicht später mal eine Rolle spielen werden. Was, wenn in der Vorlesung ein einziger Satz fiel, an den wir uns erinnern, der uns jedoch später weiterhelfen soll? Was, wenn das Treffen mit dem Freund nur deswegen nicht so gut lief, weil er etwas gesagt hat, das nicht angenehm war zu hören, aber wichtig für unsere weitere Entwicklung? Auch nehmen wir viele Dinge in unserer Umgebung erst im Nachhinein richtig war. Wie schön eine Landschaft oder ein Ort wirklich war oder welche Emotionen in uns aufkamen, als wir dort waren: All das merkt man oft erst im Nachhinein. Nicht während man direkt dort steht.
Natürlich lässt sich das auch auf traurige Erlebnisse anwenden. Zunächst nur ein herber Schicksalsschlag, wachsen wir an diesen.


Nicht erwarten, sondern gespannt sein
Wir sehen nur den Sinn in Dingen, den wir bereits in irgendeiner Form erwartet haben. Wir kennen unsere Zukunft jedoch überhaupt nicht und somit wird uns besagter Sinn in Situationen im Hier und Jetzt noch sehr oft entgehen. Meine Mutter meint oft: "Wer weiß, wozu es noch gut sein wird" und damit hat sie Recht. Einfach sein Leben zu leben und gespannt zu sein, lautet die Devise. Wir sind nicht allwissend und das erlaubt uns viel öfter, als wir es zu lassen, uns einfach mal zurück zu lehnen und abzuwarten.


Denn, egal wie sinnlos und frustrierend etwas im einen Moment erscheint. Seine Bedeutung könnte schon bald direkt vor unserer Nase liegen.

Donnerstag, 6. Oktober 2011

How to be happy

Manche Menschen begegnen einem Tag für Tag mit einem von Innen heraus strahlenden, fröhlichen Lächeln. Die Sonne scheint aufzugehen, sobald sie einen Raum betreten und man fühlt sich automatisch wohl in ihrer Nähe. Sie sind mit sich und ihrer Umwelt zufrieden und das strahlen sie auch aus.
Andere hingegen haben einen relativ gleichbleibenden Gesichtsausdruck aufgesetzt: Irgendwas zwischen neutral, unglücklich, schlecht gelaunt und... müde? Man erlebt sie selten, wie sie mal richtig Spaß haben oder herzhaft auflachen (und selbst dann wirkt es eher wehmütig und im schlimmste Fall gekünstelt) und das Non Plus Ultra aller Antworten auf die Frage "Wie geht's dir?" lautet: "Hm ja, passt schon."

Warum sind manche glücklich und andere nicht?
Doch was macht den Unterschied zwischen den beiden? Werden Menschen als Sonnenscheinchen geboren oder eben nicht? Ist es Veranlagung oder ist es eine bewusste Entscheidung, die man in seinem Leben irgendwann gefällt hat, das Leben positiv anzugehen und einfach GLÜCKLICH ZU SEIN?
Wahrscheinlich ist es von Fall zu Fall unterschiedlich. Rein biochemisch und mit hormon-spezifischen Erklärungen kann man wohl einen Zusammenhang zwischen den Erbanlagen und des persönlichen Glückszustandes bzw. die Ausschüttung vom Glückshormonen wie Seratonin (um eines davon zu benennen) herstellen. Günstige Voraussetzungen gibt es also sehr wohl direkt von Geburt an.

Des eigenen Glückes Schmied
Von da aus geht es hingegen weiter mit dem Leben. Der Mensch sammelt Erfahrungen, Eindrücke, erlebt eine schöne oder weniger schöne Kindheit und ist irgendwann erwachsen und auf eigenen Beinen. Wer nun damit argumentiert, dass halt die glücklich sind, die möglichst viele glückliche Erfahrungen gesammelt haben, der irrt meines Erachtens. Denn genau hier geht es um die Entscheidung.
Anders kann man nicht erklären, dass Menschen mit der gruseligsten Vergangenheit immer noch lachend morgens aufwachen und den Tag begrüßen. Hingegen andere nie wirklich etwas Schlimmes erlebt haben, ein relativ normales und, wenn man es von außen betrachtet, schönes Leben führen, sich stets demotiviert und unzufrieden fühlen und genauso dreinblicken.
Es geht wohl darum, sich dafür zu entscheiden, das Leben positiv zu sehen.

Die Chance, glücklich zu sein
"Be happy": Klingt nach einem blöden Spruch und ist sicherlich nicht gerade das, was einen Depressiven spontane Heilung beschert. Aber mit "Be happy" ist nicht gemeint, einfach mal die Mundwinkel hochzuziehen und einen auf "Mir gehts ja so gut" zu machen. Es ist ein Weg, den man beschließt zu gehen. Kleinigkeiten, Details im Leben wahrzunehmen, wie die Sonne die gerade aufgeht, oder der Geruch der nassen Straße nach Regen. Der Geruch nach Kaffee und Croissants am Morgen, das zarte Gefiedel eines Straßenmusikanten am Abend. Sich an Dingen freuen und vor allem: nicht immer zu erwarten, glücklich zu sein. Sein Leben meistern, neues ausprobieren und anderen Menschen mit Freundlichkeit entgegen kommen. Zu schätzen lernen, was man an seinen Mitmenschen, seiner Situation hat. Und, wenn was nicht passt, zu wissen, dass man Umstände auch anpacken und ändern kann und das gegebenfalls sogar tun. Es gibt eine Riesenpalette an Dingen, die das Leben schöner machen können, wenn man sich selbst nur die Chance gibt.

Die Chance, glücklich zu sein.

Montag, 3. Oktober 2011

Let the Cheese in!

Romantische Picknicks am See. Plätzchen backen und Engerl basteln zur Weihnachtszeit und dazu "Last Christmas" von Wham! hören. Tagebuch schreiben und dabei Herzchen hinein malen.
Klingt schön? Na, wenn Sie ein anerkanntes Mitglied der Gesellschaft sein möchten, das für Intellekt und Tiefgründigkeit geschätzt wird, dann hoffentlich nicht!

Es scheint immer mehr ein Tabu zu werden: Typisch romantisch-verspielte Sachen. Tausendmal in Filmen gesehen und in Büchern gelesen, auf Postkarten gedruckt oder in früheren Poesiealben, scheint vieles wie eine Floskel nur noch abgelutscht und verbraucht. Wer heutzutage romantisch sein will, muss früher aufstehen. Mit einem Candlelight-Dinner überrascht man heute niemanden mehr, greift nur noch in die Klischekiste.

Doch, Ansprüche an ein Date beziehungsweise den Datingpartner mal bei seite, muss das denn wirklich sein? Denn Kitsch und "cheesy" (englisch für schnulzig) haben ihre ganz eigenen Reize. Klar ist subtiler Humor und Sarkasmus cool. Klar leben wir in einer aufgeklärten Gesellschaft, in der man nur hinter vorgehaltener Hand von wahrer Liebe und Träumen vom Häuschen im Grünen spricht.
Es gibt jedoch Momente, in denen der Cheese die köstlichste Speise ist, die man sich in diesem Moment auf dem Teller vor sich nur wünschen könnte. Warm und klebrig serviert, schmeckt er wie Milchreis mit Vanille und Zimt. Oder wie Pudding.
Wenn man zusammen mit dem/der Liebsten auf der Bank sitzt und der Sonne beim Untergehen zusieht. Wenn man, an die beste Freundin gekuschelt und gemeinsam seufzend, einen der alten Liebesfilme mit Julia Roberts ansieht. Oder Titanic, nicht ohne sich verstollen am Ende die Tränen aus den Augen zu wischen. Und die Gefühle, wenn man ein Baby lachen sieht.

Das sind doch so Dinge, die das Leben so viel schöner machen. Denn egal, wie subtil und intellektuell man ist: Letztlich funktionieren wir doch alle gleich und relativ simpel. Der Riesenschwall an Wärme, der einen empfängt, wenn man diese wundervollen Erlebnisse hat, die sich ein Schnulzenautor nicht besser hätte einfallen lassen können, dann ist man einfach nur noch glücklich.

So: Let the Cheese in!

Samstag, 1. Oktober 2011

Die Ära der Luxusprobleme

Lebensmittelunverträglichkeit, spontan auftretender Burnout und Hypochondrismus. "Das hätts früher nicht gegeben!", hört man die ein oder andere ältere Dame sagen und an einem gewissen Punkt kann man ihr zustimmen: Wir leben in einer Zeit der Luxusprobleme.
Als es noch ums nackte Überleben ging oder, vielleicht nicht ganz so dramatisch, einfach nur die Existenzerhaltung eines gutbürgerlichen Lebens, kannten die Leute ihren Platz. Es hatte jeder eine Arbeit und wenn nicht, sollte er sich doch bitte schleunigst etwas suchen. Zu tun gab es ja genug. Gegessen wurde, was auf den Tisch kam. Ich bin mir nicht sicher, wie es damals mit Lebensmittelunverträglichkeiten gehalten wurde, aber ich vermute nicht, dass klein Uwe immer etwas anderes auf den Teller bekommen hat als die anderen (schwerwiegende Allergien natürlich mal ausgeschlossen).

Doch wie ist das heutzutage? Ich spreche hier natürlich nicht von Entwicklungs- oder Schwellenländern, sondern von hier zulande. Mal ehrlich: Es geht uns ziemlich gut. Ein funktionierendes Sanitär- und Sozialsystem, zahlreiche Insitutionen zur Unterstützung bei beinahe jeder Form von Problem und ein immer größeres Bewusstsein und immer offeneres Ohr für unsere Sorgen in der Allgemeinheit. Doch bevor man hier aufhört zu lesen und sich denkt: "Jaja, wir habens kapiert, uns geht es ja sooo gut, die armen Kinder in Afrika, blah...", der sollte bitte dennoch weiterlesen.
Darum geht es mir nämlich nicht.

Ich bin mir nicht sicher, ob es uns wirklich soviel besser geht. Es scheint nämlich viel mehr, als ob der Mensch, sobald Problem a und b beseitigt und gelöst wurden, mit unfehlbarer Treffsicherheit flink Problem c ausgegraben hat. Denn es ist schon auffällig: Grundbedürfnisse gestillt und alle anderen Grundvoraussetzungen für ein stabiles funktionierendes Leben gestellt, treten plötzlich ganz neue Sachen auf: Da wäre der Klassiker, die Depression. Ob sie sich nun im Burnout äußert oder in einer Sinnkrise (wobei man hier garnicht unbedingt von einem entweder-oder-Ausschlussprinzip reden muss): Manchen geht es paradoxerweise genau deswegen schlecht, weil es ihnen so gut geht.
Denn kaum hat man alles, was man braucht, bleibt aufeinmal Zeit, sich zu überlegen, was einem denn sonst noch so fehlt.

Je mehr der Mensch erwartet, jetzt doch eigentlich glücklich sein zu müssen, desto unwahrscheinlicher ist er es denn auch.
Die Folge: Nie zuvor gesehene Zahlen in Kliniken für Depression, Magersucht, Angststörung und co.
Auch Lebensmittelunverträglichkeiten, Allergien und ähnliches sind Dinge, die erst auffallen, wenn man denn mal die Zeit dafür hat.

Einerseits ist es sicher gut, dass sich der Fokus der Allgemeinheit auf Details verbessern kann und nach der Beseitigung grober Rückstände, auch Feinheiten ihre Beachtung bekommen.
Mancher eins hat ja tatsächlich Probleme, die ihm früher genauso zu schaffen gemacht hätten. Nur, dass es damals keinen interessiert hätte. Solchen Menschen kann heute geholfen werden, was einfach nur toll ist.
Dennoch glaube ich, sollten wir uns alle (und damit meine ich eindeutig auch mich) zu mehr Pragmatismus begeben. Manch ein Problem ist erst dann eins, wenn man eins draus macht. Depressionen werden nicht von heut auf morgen vom positiven Denken verschwinden. Aber auch nicht, wenn man sich jeden Tag damit auseinander setzt, warum es einem nur so furchtbar dreckig geht. Wie wäre es mit: Leben anpacken?

Letztlich lernt man damit nämlich wieder eins zu schätzen: Es ist im Grunde schon ein ziemlich schönes Leben.