Freitag, 1. Juli 2011

Die Schönheit der ungelebten Möglichkeiten

Als ich noch klein war hatte ich tausend Ideen, was ich einmal werden könnte. Zwar habe ich in meinen Überlegungen durchaus typische Berufe wie "Tierärztin" oder "Astronautin" in Erwägung gezogen, doch auch eher ungewöhnliche à la "Erdbebenforscherin" und "Neue-Namen-Finderin". Ich bin überzeugt, dass es nicht nur mir so ging. Jeder hatte seine ganz eigenen Träume und Vorstellungen und Wünsche, was er einmal mit seinem weiteren Leben und seiner Zukunft anstellen wollte. Das wichtigste Wort in diesem Satz war jedoch weder "Wünsche" noch "weiteres Leben", sondern: "einmal". Irgendwann in weiter Ferne.


Denn im Gegensatz zu den Zielen, die man nun sich nun als erwachsener Mensch so setzt (sei das ein eigenes Auto, ein eigenes Haus, oder auch einfach nur die nächste Miete zahlen zu können), waren die Wunschträume vor allem eins: Träume. Und als solches hatten sie auch die absolute Daseinsberechtigung, einfach nur zum Träumen da zu sein. Doch wie ist das jetzt, um einige Jahre und etliche Erfahrungen reicher?


Jeder von uns hat so Träume im Kopf. Die Bandbreite geht von "Endlich mit Spanisch anfangen", über "einen Ballettkurs belegen", bis hin zur großen weiten Welt in einer Reise. Während die eine von ihrer eigenen Schmuckkollektion träumt, wünscht sich ein anderer von ganzem Herzen, doch eines schönes Tages mal in einem Rennwagen zu sitzen.


So weit so gut, das hat sich also nicht geändert, lediglich die Dimensionen. Als wir klein waren hätte uns schon ein Barbietraumhaus überglücklich gemacht, in fortgeschrittenerem Alter könnte uns solches nur in Lebensgröße begeistern (um dann in ihm zu wohnen oder aber es zu verkaufen, um sich eine coole Deisgnerbude oder einen schicken Schlitten zuzulegen).
Doch ein Unterschied ist maßgeblich: Als wir klein waren, durften die Träume Träume sein. Man hat sich etwas oft nur gewünscht, weil es schön ist, davon zu träumen. Dieses Schwelgen in Fantasien und Wunschvorstellungen,, das reine Vorstellen, eines Tages tatsächlich mal den Weltraum zu erforschen oder den ganzen Tag lang süße Kätzchen zu verarzten. Ja, das war eine schöne Vorstellung. Als Kind war klar, dass man sowieso erstmal erwachsen werden musste, um eines Tages die Träume in die Realität umzusetzen.


So, nun ist man erwachsen. Und- haben Sie alles erreicht, was sie sich damals gewünscht haben, im Laufe ihres Lebens, oder auch nur jetzt?
Bei den meisten wird die Antwort wohl eher auf ein "nein" hinauslaufen. Es ist auch nicht wirklich möglich.
Denn kaum hat man mal einen Wunsch (teilweise auch einfach nur Anspruch an sich selbst, aber das ist ein anderes Kapitel) erfüllt, schon trifft man einen Altbekannten, der gerade aus Neuseeland zurückkehrt und stolz seine Urlaubsfotos von sich und den Maoris präsentiert und denkt sich: "Oh Mensch, da wollte ich ja auch noch unbedingt hin!"
Wir Menschen neigen dazu, uns mit anderen zu vergleichen. So geht das Futter für neue Wunschvorstellungen und Träume nie aus.


Ist das etwas schlechtes? Auf keinen Fall!


Doch etwas wichtiges darf man nicht verlernen: Die Träume auch mal Träume sein lassen. Die Augen schließen und lächelnd einer wunderschönen Wunschvorstellungen nachhängen, vielleicht mit einem leicht wehmütigem, aber keinem traurigen Gefühl, dass das schöne Erlebnis nur in unserem Kopf stattfindet. Zu erkennen, wie schön es ist, dass wir nicht nur im Hier und Jetzt sind, sondern auch in eine Gedankenwelt reisen können, in der absolut alles möglich ist. In der wir fliegen können, wenn wir nur unsere Flügel ausbreiten und in der Geld und Lebensumstände keine Rolle spielen. Hier sind wir völlig frei.
Egal, was wir bereits erreicht haben und wo wir uns befinden: Es gibt immer noch Spielraum für das, was wir für uns realisieren und erleben können. Ob es nun um eine fortgeführte Ausbildung oder aber ein neuzugelegtes Hobby geht.


 Das soll aber natürlich kein Appell daran sein, nichts mehr in die Tat umzusetzen und sich nur noch auf die Veranda zu setzen, im Schaukelstuhl zu wippen und seinen Gedanken nachzuhängen (obwohl ich mir vorstellen könnte, dass manche wenige auch damit glücklich werden könnten). Es gibt Träume, die sind nicht nur Träume, sondern konkrete Ziele. Sie wollten schon immer mal ein Studium an Ihre Ausbildung dranhängen? Sie haben gerade Ihren Beruf gekündigt und finden keinen neuen? Dann auf gehts! Für viele Ziele und Träume gilt es nur, die richtige Gelegenheit abzupassen, um sich dann mit Krawall und Gebrüll auf sie zu stürzen und sie endlich wahr zu machen.


Was ist dann aber mit dem Traum, einmal auf einem Rappel den Strand einer griechischen Insel entlang zu reiten oder die hohe Kunst des Ballettanzes zu lernen? Einfach Augen zu, Musik an, und der Traum geht los. Vielleicht sogar in Echt, eines schönen Tages. Wer weiß das schon...

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