Montag, 11. Juli 2011

Warum Spaß keinen Sinn braucht

Neulich hat mich ein Film sehr inspiriert: "Kind of a funny story". Darin geht es um einen sehr ehrgeizigen Jugendlichen, der in seinen Bemühungen, die Erwartungen seiner Eltern und seinerselbst zu erfüllen, schon früh an einer Art Burnout leidet. Er möchte sich umbringen, weil er unglücklich ist und keinen Sinn mehr im Leben sieht, außer: gute Noten schreiben, an der Sommerakademie aufgenommen werden und seine Eltern stolz machen. Später mal einen Platz auf einer renomierten Uni bekommen, um sich die Karriereleiter perfekt hochhangeln zu können und am Ende Präsident der Vereinigten Staaten zu werden. So oder so ähnlich. Auf jeden Fall innerhalb dieses Erwartungshorrizonts.
Nachdem sich besagter Jugendlicher selbst in eine Klinik für Erwachsene einweisen lässt und dort viel dazu lernt, sieht er die Welt, wieder aus der Klinik draußen, mit ganz anderen Augen. Eine neue Sichtweise, die mich inspiriert hat.


Heutzutage scheint eine Frage oft zu dominieren: "Was bringt dir das?" Dicht gefolgt von: "Macht das denn auch Sinn? Was hast du denn davon?" Stets wird nach dem Sinn und der Zweckhaftigkeit der Dinge gefragt, letztlich sozusagen als ihre Daseinsberechtigung.
Früher musste man sich´nicht zusätzliche - zwangsläufig immer sinnvolle - Beschäftigungen suchen. Sie haben sich eher förmlich aufgedrängt. Der Vater musste die Familie ernähren und hatte zu arbeiten, die Frau musste sich um die Horde an Kindern kümmern. Zugegeben, das ist ein Klische, aber ich glaube dennoch früher oft auch ein durchaus zutreffendes. In jedem Fall war es so, dass beide viel zu tun hatten und sicherlich nicht oft den Luxus von Freizeit genießen konnten. Es war eine andere Gesinnung damals.


Auch heutzutage erledigt sich Erziehung und Broterwerb nicht von allein, aber unsere Gesellschaft hat sich ziemlich gewandelt: Hin zu einer Freizeitgesellschaft. Nicht unbedingt ist es so, dass die Menschen viel mehr Zeit haben. Eher haben sie viel mehr Möglichkeiten. Für die zur Verfügung stehende Freizeit, und seien es nur 42 Minuten am Tag, steht eine Riesenpalette an potenziellen Hobbys und Tätigkeiten zur Verfüung, importiert aus fernen Kulturen und gespickt mit Millionen von Ratgeberbüchern, die sich bei Amazon dazu bestellen lassen könnten. Yoga, Pilates, Feng Shui, Yukari. Oder wie wärs mit Meditieren?
Oder man lässt ein altbewährtes Hobby wieder neu aufleben: Töpfern, Serviettentechnik, Gärtnern, Kochen. Heutzutage scheint beinahe alles eine recht gute Chance zu haben, ein Revival zu erleben und wieder in zu sein. Dazu steuert natürlich - wie heutzutage bei fast allem - das Internet und seine Foren einen Riesenbeitrag bei. Zum Meinungsaustausch, zur Inspiration, zum Gleichgesinnte-Finden. Und: um sich zu messen.


Jede noch so kleine Kleinigkeit wird zum Wettkampf. Es reicht nicht mehr, einfach draußen mal eben vierzig Minuten laufen zu gehen. Nein, da muss auf jeden Fall der Puls ständig mit passend-schicker Pulsarmbanduhr gemessen werden, ob man sich denn auch ja in der besten Fettverbrennungszone befindet. Nachher wird stolz auf Facebook gepostet, wieviele Kalorien man da so eben verbrannt hat. Es gibt etliche Beispiele für dieses Pseudo-Professionelle, bei allem was wir so anpacken. Es scheint, als ob Beschäftigungen nur dann sinnvoll sind, wenn sie, wenn auch nur minimal, irgendwas bringen. Ansonsten ist es Zeitverschwendung.


Facebook und generell das Internet verstärkt, durch den immer mehr wachsenden Drang der Leute nach Selbstdarstellung, dieses Sinn-in-allem-suchen maßgeblich, denke ich. Was auch immer man tut oder nicht tut, man kann es zur Schau stellen, damit angeben oder aber einfach nur seine Persönlichkeit damit in aller Öffentlichkeit formieren und beschreiben.


Ich bin selbst ein großes Opfer dieser andauernden Sinnsuche. (Fast) Alles wird nach Nutzen, Sinn und Zweckmäßigkeit hinterfragt und genauestens auf optimale Ausführung überprüft. Der Spaß scheint irgendwie zunächst nebensächlich.


Dabei kann es so schön sein: einfach mal da sitzen. Nichts tun. Nichts bestimmtes denken. Einfach nur sein. Vielleicht etwas malen. Aber nichts bestimmtes. Halt einfach nur so irgendwie. Vielleicht etwas singen. Oder eben: süßes Nichtstun.


Ich kann das am besten mit Freunden. Wenn ich mit wirklich guten Freunden zusammensitze und wir einfach nur lachen, reden, schweigen - in jedem Fall das Zusammensein genießen - da ist der Nutzen dann aufeinmal ganz egal. Er klopft wütend an die Tür und beschwert sich lauthals über die angebliche Nutzlosigkeit dieses Einfach-nur-Rumhängens. Wenn er dann aber aufgibt und sich mit hängenden Schultern und grummliger Miene vertschüsst, kommt ein fröhliches, lustiges Wesen hereingeschneit. Es singt und lacht und jubiliert. Es tut gut.
Es heißt Entspannung und: Spaß!

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