Es ist ein Phänomen des zweiten Jahrtausends: Heutzutage tut man die Dinge nicht nur, sondern: man tut sie und postet sie dann auf Facebook. Ob man nun die Fenster geputzt, die Katze gefüttert oder eine Reise gebucht hat, ist dabei nicht wichtig. Jede noch so kleine Gegebenheit kann per Internet mitgeteilt werden. Immer mehr sind mit dem Netzwerk Facebook vertraut und fühlen sich dort so heimelig, dass es sich bei vielen schon zu einer neu entdeckten Leidenschaft entwickelt, die eigenen Tätigkeiten, Erlebnisse und Gedanken zu teilen. Einerseits können die Menschen hier ihren Mitteilungsdrang so gut wie bisher wahrscheinlich noch nie ausleben und andererseits gibt es eine wichtige Zusatzfunktion im System "Facebook". Es ist nur ein kleines, einsilbiges Wort, das unauffällig und bescheiden unter jedem sogenannten "Post" steht: die Rede ist vom "Like"-Button.
Statt "to be or not to be" könnte es heutzutage heißen: "To like or not to like". Auch früher und vor Facebookzeiten bekannte man sich öffentlich zu Dingen, die man mochte. Man sagte es, man schrieb es, man tat es in irgendeiner Weise kund. Durchaus sagte man auch mal jemandem, dass man gut findet, was er tut oder sagt. Feedback ist nicht die revolutionäre Erfindung von Facebook, sondern ein Urbedürfnis im Menschen. Er möchte Bestätigung, Antwort, Reaktion. Er möchte wissen, wie das ankommt, was er tut.
Aber noch nie war dieses Feedback so ausgeprägt wie zu den heutigen Facebookzeiten. War es früher noch eher aufwendig oder schwierig, den geeigneten Zeitpunkt zu finden, um jemandem Bestätigung durch ein Lob oder ein Kompliment zu verschaffen, geht das heute denkbar einfach: Mit einem Mausklick. Statt sich groß zu etwas äußern zu müssen (was durch einen Kommentar dennoch möglich wäre), bekennt man sich so ganz einfach zu einer Aussage oder einer Gegebenheit und gibt seinen Zuspruch. Vorbei scheinen die Zeiten der Unsicherheit und der ungesagten Gedanken und vorbei die Ahnungslosigkeit, wie man denn bei anderen ankommt. Man muss es ja nur auf Facebook posten, dann wird man schon sehen.
Doch was in Facebook gut funktioniert, könnte meiner Meinung nach doch auch einen tollen Anstoß auch für das "Real Life" geben. Warum fällt das, was wir auf Facebook mit "like" und "Daumen hoch" praktizieren, im Supermarkt und auf der Straße so schwer? Sehen wir ein Foto oder einen Kommentar, fällt ein Kompliment mit Maus und Tastatur ganz leicht. Handelt es sich jedoch um eine Person direkt vor unseren Augen, die ein geniales Outfit trägt oder sich so eben rührend um ein behindertes Kind gekümmert hat, dann scheint der Mund bei vielen wie versiegelt. Bloß nichts sagen, bloß nicht auffallen. Die Scheu, jemanden Fremden anzusprechen, die Wahrung der Distanz, all diese Sachen halten uns wie eine unsichtbare Mauer von unserem Gegenüber ab. Und davon, der Person zu sagen, wie toll wir finden, was sie machen, sagen, manchmal sogar, was sie SIND. Problem: Woher soll die Person dann je erfahren, dass das geschätzt wird, was sie tut?
Facebook macht den ersten Schritt hin zu etwas, das sich in unserer Gesellschaft ruhig noch mehr etablieren könnte: Lob, Feedback und offen auszusprechen, was gefällt.
Ein Lob und Feedback für gute Taten, Eigenschafte und Worte ist wie das Gießen von Pflanzen. Wertschätzung bewirkt, dass Menschen mit noch mehr Enthusiasmus das betreiben, was bereits für gut befunden wurde und so können Talente, Tugenden und schöne Eigenschaften, Worte und Dinge gedeihen. "Nicht nur denken, sondern sagen!", könnte hier das Motto lauten um Menschen Mut und Kraft zum weitermachen zu geben.
Und je fleißiger wir gießen, desto grüner und bunter, ja sogar besser, wird unsere Welt. Da bleibt nur zu sagen: Like!
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