Samstag, 1. Oktober 2011

Die Ära der Luxusprobleme

Lebensmittelunverträglichkeit, spontan auftretender Burnout und Hypochondrismus. "Das hätts früher nicht gegeben!", hört man die ein oder andere ältere Dame sagen und an einem gewissen Punkt kann man ihr zustimmen: Wir leben in einer Zeit der Luxusprobleme.
Als es noch ums nackte Überleben ging oder, vielleicht nicht ganz so dramatisch, einfach nur die Existenzerhaltung eines gutbürgerlichen Lebens, kannten die Leute ihren Platz. Es hatte jeder eine Arbeit und wenn nicht, sollte er sich doch bitte schleunigst etwas suchen. Zu tun gab es ja genug. Gegessen wurde, was auf den Tisch kam. Ich bin mir nicht sicher, wie es damals mit Lebensmittelunverträglichkeiten gehalten wurde, aber ich vermute nicht, dass klein Uwe immer etwas anderes auf den Teller bekommen hat als die anderen (schwerwiegende Allergien natürlich mal ausgeschlossen).

Doch wie ist das heutzutage? Ich spreche hier natürlich nicht von Entwicklungs- oder Schwellenländern, sondern von hier zulande. Mal ehrlich: Es geht uns ziemlich gut. Ein funktionierendes Sanitär- und Sozialsystem, zahlreiche Insitutionen zur Unterstützung bei beinahe jeder Form von Problem und ein immer größeres Bewusstsein und immer offeneres Ohr für unsere Sorgen in der Allgemeinheit. Doch bevor man hier aufhört zu lesen und sich denkt: "Jaja, wir habens kapiert, uns geht es ja sooo gut, die armen Kinder in Afrika, blah...", der sollte bitte dennoch weiterlesen.
Darum geht es mir nämlich nicht.

Ich bin mir nicht sicher, ob es uns wirklich soviel besser geht. Es scheint nämlich viel mehr, als ob der Mensch, sobald Problem a und b beseitigt und gelöst wurden, mit unfehlbarer Treffsicherheit flink Problem c ausgegraben hat. Denn es ist schon auffällig: Grundbedürfnisse gestillt und alle anderen Grundvoraussetzungen für ein stabiles funktionierendes Leben gestellt, treten plötzlich ganz neue Sachen auf: Da wäre der Klassiker, die Depression. Ob sie sich nun im Burnout äußert oder in einer Sinnkrise (wobei man hier garnicht unbedingt von einem entweder-oder-Ausschlussprinzip reden muss): Manchen geht es paradoxerweise genau deswegen schlecht, weil es ihnen so gut geht.
Denn kaum hat man alles, was man braucht, bleibt aufeinmal Zeit, sich zu überlegen, was einem denn sonst noch so fehlt.

Je mehr der Mensch erwartet, jetzt doch eigentlich glücklich sein zu müssen, desto unwahrscheinlicher ist er es denn auch.
Die Folge: Nie zuvor gesehene Zahlen in Kliniken für Depression, Magersucht, Angststörung und co.
Auch Lebensmittelunverträglichkeiten, Allergien und ähnliches sind Dinge, die erst auffallen, wenn man denn mal die Zeit dafür hat.

Einerseits ist es sicher gut, dass sich der Fokus der Allgemeinheit auf Details verbessern kann und nach der Beseitigung grober Rückstände, auch Feinheiten ihre Beachtung bekommen.
Mancher eins hat ja tatsächlich Probleme, die ihm früher genauso zu schaffen gemacht hätten. Nur, dass es damals keinen interessiert hätte. Solchen Menschen kann heute geholfen werden, was einfach nur toll ist.
Dennoch glaube ich, sollten wir uns alle (und damit meine ich eindeutig auch mich) zu mehr Pragmatismus begeben. Manch ein Problem ist erst dann eins, wenn man eins draus macht. Depressionen werden nicht von heut auf morgen vom positiven Denken verschwinden. Aber auch nicht, wenn man sich jeden Tag damit auseinander setzt, warum es einem nur so furchtbar dreckig geht. Wie wäre es mit: Leben anpacken?

Letztlich lernt man damit nämlich wieder eins zu schätzen: Es ist im Grunde schon ein ziemlich schönes Leben.

1 Kommentar:

  1. man meint du sprichst iwie aus meinen gedanken :D
    ich finde auch viel zu viele leute also auch ich machen sich das leben viel zu schlecht sodass man es gar nicht mehr richtig genießen kann .. eigentlich voll schade aber wie soll man nur das nur begreifen ... wenn wir das können dann sind wir gut ;)hoffe das bekommt jeder mal hin

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