Dienstag, 16. August 2011

Von imaginären Freunden und parasozialen Beziehungen

Man kennt sie, man liebt sie... und fühlt sich mitunter sogar sehr mit ihnen verbunden. Die Rede ist hier nicht etwa von Familie und Freunden sondern Personen in Sendungen, Serien, Filmen, sogar Musiker und Sänger. „Kennen ja, aber verbunden fühlen?!“, mag nun die berechtigt skeptische Frage sein. Doch denken Sie mal nach. In vielen Momenten trösteten die Charaktere in Serien und die einfühlsame Stimme eines sensiblen zart klingenden Sängers in einer schönen Ballade. Und so oft konnte man Wut und Tränen so richtig zu einem geladenen Song voller Emotionen herauslassen. Statt sofort die beste Freundin/ den besten Freund anzurufen greifen viele Menschen zuerst zu iPod oder etwaiges Medium wie Computer oder CD-Player, um sich in die Musik, die ihnen für den Moment passend erscheint, zu vertiefen. Wenn wir verletzt wurden und/oder durch eine schwere Situation gehen, ist man es nämlich oft erst mal selbst ganz allein, der fertig werden muss mit dem Problem. Andere können helfen, aber erst wenn wir selbst so weit sind, uns anderen gegenüber zu öffnen. Bis dahin leisten Lieblingsbands und starke Musik wahre Dienste. Zwar weiß man, dass es Quatsch ist, aber in manchen Momenten hat man doch das Gefühl, der Interpret, der da so voller Leidenschaft direkt in unser Herz musiziert, versteht uns. Und zwar ganz genau. Er tröstet einen und nimmt einen musikalisch und verbal in den Arm. Warme Gefühle steigen auf und man spürt eine Verbundenheit zum Lied und dessen Künstler. Fast schon absurd erscheint der Gedanke, dass der Sänger in Wahrheit entweder tot ist oder sich nichts ahnend und in Wahrheit in Norwegen, England oder Australien schwadroniert. Und mit Sicherheit an vieles denkt, nur nicht an uns, denn er kennt uns nicht. Aber daran denkt man dann ja auch gar nicht.


Trost nach Plan
Befindet man sich schon in einer Phase, in der man die Krisensituation zumindest halbwegs verdaut hat oder aber auch einfach nur so, gibt es wenig was so aufheitert wie die eigene Lieblingsserie. Die Charaktere kennt man und verhalten sich genau einschätzbar (unter anderem weil man alle Staffeln und Episoden gefühlte dreimillionenmal gesehen hat). Elliot aus Scrubs, die mit ihrer tappsigen Art es immer nicht so richtig schafft, ernst genommen zu werden. Lennard aus Big Bang Theory, der die sympatische Schnittstelle aus Nerd und bestem Kumpel von nebenan mit durchaus normalen Seiten verkörpert. Billige Charaktere gibt es viele, aber genauso auch viele gut gezeichnete und schlau durchdachte, authentische aus der Schmiede von Serien und co. Nicht zuletzt wegen ihnen greift man letztlich ja doch zu Fernbedienung, Computer oder DVD-Player. Wie gute Freunde fühlen sie sich mittlerweile an, soviel Zeit wie man mittlerweile schon mit ihnen verbracht hat. Man hat mit ihnen geweint, gelacht und ist gemeinsam durch dick und dünn gegangen.


Den gibt's ja auch in echt!
Wahrscheinlich macht das für viele auch die Faszination hinter den Schauspielern und Sängern in Musik, Film und Fernsehen, das sich einen solchen Weg in unser Herz gebannt hat.Wie ist die Person wirklich? Fasziniert ist es wie, als ob eine Glühbirne kurz aufblinkt. „Ach stimmt ja, den gibt’s ja auch in echt! Und da ist der ja gar kein Wissenschaftler.“ Sondern Schauspieler. Und hat oft gar nicht so viel gemeinsam mit der Figur, die er verkörpert. Die „Beziehung“ hegen wir also ganz klar zu der Figur in der Serie, nicht zu dem Typie da, der so ausschaut wie unser Liebling, er aber nicht IST.


Krank?
Die Frage die nun aufkommt: Ist das krank? Eine Beziehung zu jemandem zu hegen und Gefühle positivster Art zu hegen für jemanden, den es noch nicht mal wirklich GIBT? Der Aus der Feder eines Drehbuches entsprungen ist oder der einfach nur eine tolle Stimme hat/ Gitarre spielen kann und damit super Musik fabriziert?
Ich denke: nö. Es ist immer gut zu wissen, womit man sich in schweren Situationen trösten kann oder einfach Spaß haben kann. Menschen sind Gewohnheitstiere und dass sie immer wieder zum selben greifen, das sie jedes mal glücklich macht, ist ja wohl das normalste der Welt. Solange die Figuren in Lieblingsmusik und -Serien nicht die wahren Freunde ersetzen oder einziger Zufluchtsort werden, ist alles in Butter. Ob man sich nun mit Schokopralinen oder einer Figur aus einer Serie beschäftigt, die sich bereits anfühlt wie ein guter alter Freund: Es spielt doch keine Rolle.

Genießen Sie also Ihre Musik und haben Sie den Interpreten so richtig lieb, der sich da so aufopferungsvoll um sie kümmert und lachen Sie gemeinsam mit Ihrem Lieblingscharakter aus der heiß und innig geliebten Serie.

Denn: Gute Laune ist immer gut!

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