Freitag, 9. August 2013

Oh du liebes Scheißwetter

Wie habe ich das vermisst. Die Wolken ziehen zu, es wird dunkel und grau und der Himmel scheint traurig zu werden. Noch gerade eben hat die Sonne gescheint, doch plötzlich ist sie so am Horizont verschwunden, dass man sich nur schwer vorstellen kann, wie sie noch einmal ausgesehen hat. Es beginnt, ein Wind zu pusten, eilig und mit einer vehementen Dringlichkeit rüttelt er an den Bäumen und kündigt an, was die nächsten Stunden passieren soll. Ohnehin schon düster, färbt sich die Umgebung nun fast bedrohlich. Sonst voller Trubel mit lauten Menschenstimmen, Gelächter und Geklapper, ist auf einmal alles ganz still. Es verschafft sich etwas Gehör, das uns allen erhaben ist, und vor dem wir uns fürchten: Das Wetter. Das Winseln in der Luft, das Rascheln der Bäume. Die Luft, wie sie sich elektrisiert. Dann die ersten Tropfen auf den Armen, wie man sie erst spürt, dann riecht und schließlich auf den Lippen schmeckt. Ich, schreit der Wind durch das Geäst, ich bin hier der König! Und wir, pflichtet der Regen bei, wir können dich nass machen. Such du dir doch deinen Schirm, aber du spürst und hörst uns, du entkommst uns nicht.

Es ist nicht sehr schön und es ist gewiss nicht angenehm, wenn man draußen unterwegs ist, wenn ein Gewitter losgeht. Ich habe es so eben wieder erfahren. Es wird einem kalt, was auch immer man anhat scheint einfach nicht vor der Naturgewalt Wetter isolieren zu können. Gerade eben noch alles in der Hand und kosmopolitisch und mit modernsten Techniken ausgestattet selbstbewusst seines Weges marschiert, stutzt man auf einmal, überrumpelt davon, was ein dunkler Himmel mit der Seele macht. Ich will nicht melodramatisch klingen, aber ein wenig wird mir in solchen Momenten bewusst, dass wir stets ausgeliefert sind. Deggendorf can tell.

Ich habe es, ohne hier Hochwasseropfer auf irgendeine Weise brüskieren zu wollen, dennoch so vermisst. Es war nur noch heiß die letzte Zeit und wenn es nicht heiß war, war es warm. Man ächzte, man schwitzte, doch eigentlich war es nicht die Hitze, die mich persönlich am meisten irritierte. Es war mehr diese Konstanz, dieses lethargische Einpendeln auf ein klimatisches Kontinuum ohne große Abweichungen. Honigsüß, lieblich, jeden Morgen Pfannkuchen. Wer mag das schon. Es heißt damit ja dann, zumindest für den alles andere als verwöhnten Mitteleuropäer, für den Sonnenschein und Wärme unabhängig von der tatsächlichen Frequenz stets ein Luxusgut zu sein scheint, dass man was damit anfangen muss. Einfach daheim sitzen und gammeln, wenn draußen die Sonne strahlt? Undenkbar! Fast schon froh war da wohl manch ein Bürohengst, dass er zumindest einen Teil des Tages eine gute Ausrede hatte, nicht jede solarerhellte Sekunde draußen zu nutzen und zu genießen.

Und dann so etwas. Düster. Nass. Kalt. Ich friere, ich habe mich verlaufen, suche meinen Weg. Ich spüre, wie sich meine Kleidung vollsaugt und meine Zehen nicht mehr. Die Finger machen auch langsam schlapp. Wie ich dann die Bushalte fand und dann noch ein Bus kam: Unbeschreiblich. Ich saß drinnen, spürte, wie das Blut wieder warm in meine Extremitäten strömte und sah hinaus. Der Bus schaukelte und wackelte, die Menschen schauten ein bisschen grimmig drein. Und doch war es der schönste Ort der Welt in diesem Moment für mich.


Ich glaube, der Punkt ist: Wetterumschwünge, plötzliche Gewitter, vom Sonnenschein in den Regen in die Traufe und wieder weiter zu den nächsten zart aufkeimenden Strahlen, die sich durch Wolkendecken ihren Weg erkämpfen - das ist doch Leben. Denn wann könnte man sich je lebendiger fühlen, als wenn man vom Wind durchgerüttelt, von Wasser überschüttet und durchgefröstelt in einen warmen, lieben Bus kommt.

Das Herz klopft, Poren trocknen, Blut pulsiert.
Endlich wieder wach!

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