Wo hört die Kompetenz, die ein Mensch im sozialen Alltag aufbringen soll(te), auf und wo fängt das legitime Menscheln an. Das war eine Frage, die ich mir neulich stellen musste, als ich über einen Artikel in einer meiner heiß geliebten Zeitschriften stolperte. Thema "Gesprächsgestaltung". Oder auch: "Nie wieder sprachlos. Wie umgehe ich typische Gesprächsfallen?" Aufgelistet waren Situationen, die tatsächlich, wie ich jetzt einfach mal wage zu behaupten, jeder schon einmal erlebt hat. Die peinliche Stille. Das Fettnäpfchen (ob sich in Grund und Bode schämend aktiv oder bemüht die verletzte Stelle mit erzwungenem Grinsen verdeckend passiv). Die plötzliche Bemerkung, die einen vollkommen unvorbereitet trifft. Unangenehme Situationen, wenn einer zu viel, zu laut, zu leise, zu klangvoll, zu.... spricht.
Sehr unterhaltsam war, wie man sich wiederfand. Kopfkino an, erlebte ich diverse beschriebene Szenarien noch einmal durch, hatte bei Geschichten sofort einen Mensch mit Haut und Haar vor Augen. Was ich mir gedacht habe. Was er sich wohl gedacht hat. Was ich mir dachte, was er dachte. Und was wir dann gesagt haben. Wenn Menschen aufeinander treffen, entstehen die ulkigsten, merkwürdigsten, furchtbarsten aber auch zauberhaftesten Momente.
Und genau deswegen konnte ich den weiteren Sinn des Artikels nur teils nachvollziehen. Ich verstehe einfach nicht: Warum, wozu, weshalb? Zuletzt fragte ich mich dieses Warumwozuweshalb bei der genauen Analyse der PR-Strategie eines (rein kommerziellen) Produkts. Mir kommt manchmal vor, da wird ein Riesenaffentanz um einen heißen Brei veranstaltet, der letztlich weder satt noch glücklich macht, aber halt existiert, weil die Leute das kaufen. Mit dem Geld kann weiter getanzt werden. Aber das artet hier zu sehr aus und stellt unser ganzes System in Frage, wofür ich mich nicht kompetent halte.
Also will ich mich hüten über den Sinn professioneller Kommunikation in Unternehmen, über PR und über die konstruktive Art, ein Unternehmen auf objektivem Fundament aufrecht zu erhalten und mit Bausteinen der Logik und Pragmatik auf- und auszubauen. Das ist profi, business, kennt man ja.
Aber diese Tipps zur problemfreien Gesprächsgestaltung, "Nie wieder sprachlos", die waren nicht für Profis, nicht für PR und nicht für Business. Die waren für die ganz normalen Gabi und Hans, die auf einer Party sind, sich unterhalten und plötzlich trifft einer den wunden Nerv der anderen. So, dann mal fix rausgerettet. Oder für die blöde Tussi/ den eingebildeten Idioten, der mehr rotznäsige Gemeinheiten austeilt als der Dealer beim Pokern Karten. Die kann man mit einer gekonnten Bemerkung zum Schweigen bringen. Und dann wär da noch die traurige Situation und keiner weiß so genau, was er denn jetzt sagen soll.
Ist doch toll, wenn's da ein Handbuch für "Dummies" gibt? Find ich nich. Ich geh nämlich mal davon aus, dass wir doch letztlich alle Dummies sind. Menschen nämlich, und das ist auch gut so.
Magische Momente entstehen nicht, wenn immer ein Plan besteht. Immer eine perfekte Masche aufgegriffen wird, der schlagfertige (auswendig gelernte) Spruch auf den Lippen liegt und jeder immer souverän und schlau reagiert. Ja sind wir denn Roboter?
Schön wird's oft erst wenn's komisch wird. Wenn's peinlich wird, wird uns rot und warm. Das ist nicht nur unangenehm. Das ist Leben.
Stellen Sie sich zwei Verliebte vor. Stellen Sie sich vor, wie sie stammeln, rumdrucksen und vor Scham versinken, weil sie doch einfach nicht wollen, wie sie nun was von all den tausend purzelnden Gedanken sagen wollen. Bezaubernd, magisch und wunderschön in einem. Und genau das kann Menscheln sein. Also bitte weg mit den Plänen. Danke.
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