Man kann mir mit Fug und Recht vorwerfen, ich habe leicht reden. Schließlich bin ich ein Mädl und bin somit ohnehin "fein raus". Argumente wie "Dafür werds dann halt schwanger" und ähnliche greifen heutzutage auch nicht mehr so treffsicher wie noch vor vielleicht zwanzig Jahren. Aber das sei jetzt mal dahingestellt.
Warum beneide ich die Zivildienstleistenden? Der Grund ist einfach: Sie werden gewissermaßen zu ihrem "Glück" gezwungen. Natürlich ist Glück hier ein eher weitläufiger Begriff und wäre wohl besser mit "Dazulernen" und "wertvolle Lebenserfahrungen" zu ersetzen. Dass eben diese neuen Eindrücke letztlich jedoch ein wichtiger Schritt zum Glück sind, davon bin ich überzeugt. In einem Gespräch mit einem Freund bin ich überhaupt erst darauf gekommen. "Freiwillig hätt ich des nie gemacht", so sagte er. "Aber dann war's echt cool, weil ich wusste, ich muss das eh. Dann hab ich mich halt drauf eingelassen und das beste draus gemacht. Es wurde ne echt gute Zeit."
Doch es geht mir nicht nur um soziale Ehrenämter und Tätigkeiten. Man kann das auf so vieles im Leben projezieren. Egal ob selbstloser Akt der Nächstenliebe oder auch nur die ersten harten Wochen in einem schwierigen Job: Heutzutage sind Freiheit und Möglichkeiten manchmal vielleicht mehr Fluch denn Segen. Erscheint eine Situation schwierig, gibt es einfach oft genug Möglichkeiten, dem auszuweichen. "Ich muss gar nichts", scheint ein gewisses Credo zu sein, das zunächst nach Selbstbewusstsein und nach selbstbestimmtem Leben klingt. Im Prinzip ist das ein guter Leitsatz, der einem, richtig angewandt, gleichzeitig ein wärmender Mantel und ein sicheres Schutzschild zugleich bietet. Doch der Teufel liegt schon in dem Satz: "richtig angewandt".
Denn es ist die latente Verlockung da, einfach wegzulaufen. Oder es gar nicht erst zu beginnen, wenn man denn nicht muss.
Sich selber zwingen, könnte eine Alternative sein. Ist jedoch alles andere als leicht, denn letztlich versucht man, sich selbst auszutricksen. "Du musst das!", versucht man sich einzureden, wähernd ein sicheres Gefühl und Bewusstsein in einem kontert: "Ne, stimmt nicht. Musst du garnicht."
Selbstredend ist das hier mal wieder ein Luxusproblem und ich möchte nicht bestreiten, dass es durchaus Situationen gibt, in denen man eben durchaus muss.
Ich spreche mehr von dem, was man könnte, es aber nicht tut, weil man es eben auch lassen kann.
Dann einfach lassen? Schade um die tollen Erfahrungen. Wie soll man wachsen, wenn man sich nicht über den Horizont hinaus wagt. Wie neues lernen, wenn man sich immer an Altgewohntes hält.
Ja richtig, es geht hier auch um Dinge, vor denen man sich fürchtet, die man sich aber wünscht. Reisen in ein fernes Land, allein und nur mit Rucksack als Gesellschaft. Freiwilligenprojekt in Südafrika. Sich selbstständig machen als Webdesignerin. Vielleicht auch nur, endlich diesen Yoga- oder Sprachkurs zu machen. Man profitiert in so vielen Weisen, am allermeisten im Herzen: Denn man wird offener, froher, glücklicher, je mehr Alternativen und Perspektiven man im Leben kennenlernt. Das hat mich das Leben bereits gelehrt. Und was gibt es denn Schöneres zu erreichen, als einfach mehr Glück und Zufriedenheit durch neue Erfahrungen?
Sehnsuchtsvoll wünscht man sich jemanden, der sagt: "So, ne, Schluss mit denken, du machst das jetzt. Das ist so festgelegt, und weil das so ist, kannst du dich einfach deinem Schicksal fügen. Brauchst auch nix mehr zu hinterfragen, das wird einfach gemacht. Wird nicht immer leicht und toll sein, aber am Ende hast du was geschafft!"
Kann man das lernen? Ich hoffe es.
Denn es bedeutet: Lernen, das zu tun, was man möchte.
Und letztlich: Sein Leben auch wirklich zu leben.
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