Mittwoch, 23. November 2011

Freunde-Finden leicht gemacht?

Ich bin verwirrt. Manchmal scheint es, als hätten sich die Zeiten schneller gewandelt, als wir mitdenken können. Gutes Beispiel: Freunde finden. Ich kann mir vorstellen, dass man sich früher wirklich schwer getan hat, wenn man umgezogen ist. Ok, während die einen sofort von einem Universitäts-Stundenplan nahtlos eingenommen und diversen Kommilitonen/innen in die Arme geschlossen wurden, hatten es manche vielleicht nicht so einfach: Die, mit einem Job ohne sonderlich vieler Gleichaltrigen. Die, die nicht am liebsten jeden Abend fortgehen, um sich an der nächstgelegenen Bar mal eben ein paar Saufkumpanen zu erwerben.

Folgt man der Internet- bzw. Vernetzungslogik und dem Geiste unserer Zeit, ist das alles kein Problem mehr: Diverse Portale, allen voran möchte ich hier einmal Couchsurfing.org erwähnen, schaffen Abhilfe. Zumindest ist das das Ziel dieser Internetcommunities. Während man sich früher vielleicht noch eher zu sehr in Internetfreundschaften verstrickt und damit ein wenig die Realität ausgeblendet hat (diverse Online-Roleplaygames wie WoW lassen grüßen), dienen diese Portale einem ganz anderen Zweck: Reine Vermittlung für das sogenannte "Real Life". Es lassen sich Treffen arrangieren und sogar ganze Reisen, bei denen man bei anderen übernachten kann. Ebenso kann man Leute "hosten", will heißen, ihnen ein nettes Schlafplätzchen bieten.
Ist das nicht toll?

Ja und genau an dieser Stelle bin ich verwirrt: Ist es toll? Die Idee grundsätzlich: Auf jeden Fall. Meine Erfahrungen damit bisher: Ebenfalls. Meistens.
Doch das liegt vielleicht daran, dass ich trotz Fröhlichkeit und Optimismus eine gewisse Skepsis in mir trage. "Have a coffee" steht in meinem Profil, bedeutet: bei mir kann man nicht übernachten. Das liegt nicht daran, dass ich keine Gäste mögen würde. Vielleicht ein bisschen an der Größe unserer Wohnung (nicht groß). Primär aber bin ich leider altmodisch:
Ich kenn den doch garnicht.

Denn hier, genau hier, weiß ich nicht: Ist das jetzt so, kann in der heutigen Zeit einfach jeder mit jedem? Sich treffen, bei einander schlafen, Dinge zusammen unternehmen?
Früher knüpfte man Freundschaften und investierte viel Zeit und Mühe, um Menschen zu finden, die zu einem passen. Erübrigt sich das heute?
Das klingt nun wieder skeptischer, als es gemeint ist. Ich bin mir einfach nicht sicher. Wie aufgeschlossen muss, sollte oder darf man sein? Ist es naiv oder ist es "openminded", jemand Fremden bei sich aufzunehmen und Zimmer, Bad und Kühlschrank mit ihm für zwei Nächte und zwei Tage zu teilen?
Ist das die neue Form, Freundschaften entstehen zu lassen?

Ich muss sagen, meine besten Freunde habe ich primär so kennen gelernt, wie eh und je, wie schon unsere Eltern, Großeltern und alle vor uns:
durch das Leben. Durch die gleiche Theatergruppe, Universität, Sportkurse oder sogar im Supermarkt. Und dann eben über Freundesfreunde.
Letztlich ist es wohl wie beim Verlieben: Da muss ein bestimmter Funke überspringen, bei dem zwei Menschen merken: Hey du und ich, wir könnten echt Freunde werden! Und solang man nicht zu viel von Internetcommunities erwartet, kann sowas natürlich auch dadurch entstehen. Kann aber meines Erachtens genauso wenig erzwungen werden. Für mich wäre es jedenfalls keine idiotensichere Methode, Leute zu finden, die zu mir passen. Da hat das Leben einfach noch ein zu großes Wörtchen mitzureden. Und die Chemie. Und eben alles. Nur nicht die rationale Entscheidung "Ich such Freund, du suchst Freund, Folgerung: Lass uns Freunde sein!"

Gibt es einen RICHTIGEN Weg, Freunde zu finden?
Wahrscheinlich nicht. Denn sobald man sagen kann "Ähm woher kennen wir uns nochmal? Hm ich weiß garnicht mehr GANZ genau... wie war das überhaupt nochmal ohne ihn/sie?"

Da weiß man: Das ist ein wahrer Freund geworden, ein Teil des eigenen Lebens. Wie auch immer.

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