Stell dir mal vor: eine völlig fremde Stadt, ein völlig fremder Ort an dem man sitzt, mit einer Schüssel voll völlig fremden Essen vor sich, das man so eben zu sich nimmt. Fremdartige, exotische Gerüche und Stimmengewirr in einer Sprache, die man nicht kennt und die sich so fremd anhört, dass sie fast schon gruselig klingt. Nichts scheint so zu sein wie daheim. Man ist in einer neuen Situation.
So eine Situation könnte man sich wohl am besten auf einer Reise in ein kulturell weit entferntes Land vorstellen.
Neue Eindrücke, neue Erkenntnisse, den Horizont erweitern: Diese Begriffe schwirren in aller Munde herum und werden in Berichten über Reisen proklamiert. Doch was die eigentliche Bedeutung hinter ihnen ist und inwiefern sie für unsere persönliche Entwicklung zu gewichten sind, das scheint nicht so klar. Ich spreche hier übrigens nicht nur vom Reisen, sondern durchaus auch von bewussten Veränderungen im Alltag. Klar lernt man, wenn man ein neues Rezept probiert, am Ende ein neues Gericht kennen. Klar hört man mal andere Musik, wenn man einen Freund bietet, ihm eine Liste seiner absoluten Lieblingslieder zu schicken (im besten Falle einen Freund, der Bands und Interpreten kennt, die nicht unbedingt ohnehin seit zehn Jahren im Radio rauf und runter gedudelt werden).
Dass man neue Dinge kennenlernt, die einem Spaß machen und gefallen könnten, ist sicher ein wesentlicher Aspekt des "Horrizont erweiterns". Es ist wunderschön, einen neuen Interpreten oder gar eine ganz neue Musikrichtung für sich zu finden, mit der man sich identifizieren kann. Oder das erste Mal an einem Gewürz zu schnuppern, das man bisher noch nie zum Kochen verwendet hat und einen an fernöstliche Reisen erinnert.
Besonders toll ist auch, wenn man ein neues Hobby für sich findet. Ein Musikinstrument, eine neue Sportart, Theater spielen... was es auch immer sei, es erweitert die Liste der Dinge, mit denen wir uns bewusst glücklich machen können.
Doch ich glaube, da ist noch mehr hinter dem "Horizont erweitern": Nämlich selbst dann, wenn das Erlebte nichtmal unbedingt positiv war. Man stelle sich nur vor, jemand, der permanent unzufrieden mit seiner "ach so Bruchbudenmäßigen" Behausung, ginge auch nur einen Tag lang nach Südafrika in gewisse Regionen. Er würde seine Definition von "Bruchbude" vielleicht noch einmal überdenken. Aber nein, ich meine hier nicht den Aspekt "Nicht jammern, wo anders haben es die Leute noch schlechter!" Was ich meine ist viel mehr, dass dieser Mensch in Zukunft tatsächlich zufriedener mit seiner Wohnung sein könnte (die im richtigen Lichte und vielleicht mit einem schönen neuen Teppich, sowie einmal ordentlich mit Wischmopp und Staubsauger durch, ja gar nicht mal so schlecht aussieht).
Generell haben wir viele festgefahrene Strukturen und Vorstellungen, teilweise auch Vorurteile in unseren Köpfen. Wir versuchen Ereignisse und Verhältnisse einzustufen und unser Leben in eine funktionierende Ordnung zu brignen. Dass wir dabei geradezu ein Gerüst konstruieren, indem wir wohnen, ist uns dabei, wenn überhaupt, nur teilweise bewusst.
Probiert man etwas Neues, wagt den Sprung oder zumindest den Zehen-Tupfer ins kalte Wasser und tut man etwas Ungewohntes, so bekommt man einen Ausblick: "Wie schaut es denn außerhalb meines Gerüstes aus?" Was gibt es da noch zu sehen?
Es lassen sich viele wertvolle Inspirationen, Impulse und Denkanstöße finden, jede Minute jeden Tages. Sei es nun ein sehr interessantes Gespräch, ein Artikel in einer Zeitschrift, die Teilnahme an einer Veranstaltung oder was auch immer: Da man auch aus negativen Erfahrungen lernt, kann eigentlich nur gelten: Probiern geht über Studiern!
Und wenn Sie das nächste Mal gegenüber einer Person sitzen, die sehr sympatisch aussieht und ein überaus interessantes Buch liest, dann heißt es: Nicht lange zögern und einfach ansprechen! Mal sehen, was der Mensch spannendes zu berichten hat...
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