Nahezu jeder Mensch hat in seinem Leben eine gewisse Routine. Ob nun Student, Teilzeitbeschäftigter oder Vollzeitmama/papa. Ist es bei den "9to5"-Jobbern, also alljenige die wirklich feste Bürozeiten haben, zu denen sie im Hause am Schreibtisch oder gegebenfalls auf Terminen zu sein haben, noch keiner weiteren Ausführung dieser täglichen Routine notwendig (7:30 Aufstehen, 9 bis 5 Arbeiten, heim), sieht das bei Studenten beispielsweise schon anders aus. Von denen würde man auf meine These hin möglicherweise erstmal hören "Nein, ich hab echt einen total unstrukturierten Tag". Mag sein, aber selbst die Unstrukturiertheit mausert sich irgendwann zu ihrer ganz eigenen Struktur. Steht ein Student nie vor 11 Uhr auf, isst dann irgendwann gegen 12 oder 1 frühstück/mittag, macht dann irgendwas für die Uni, trifft sich zwischendurch evtl mit einer Freundin und geht anschließend mit seinen Kollegen auf ein, zwei Bier: Voilà, das klingt dann doch schon ziemlich nach einer Struktur, einer gewissen Routine.
Warum also wehrt man sich gegen diesen Begriff? Die Erklärung ist nicht schwer: Von diesem Begriff aus scheint es zu "verstaubt", "unexperimentierfreudig", "langweilig" und "zwanghaft" kein weiter Weg zu sein. Doch das ist die Frage, die ich hier stellen will: Tut man da der Routine, die doch nichts anderes ist als eine Reihenfolge von Aktivitäten und Dingen, die sich nach Erfahrung als erfolgreich und zielführend erwiesen haben, nicht Unrecht? Ist es denn wirklich so schlimm, das selbe Tag für Tag in einer ähnliches Reihenfolge zu tun?
Ich würde sagen, daran ist nichts schlimmes, sobald diese zwei Punkte dennoch zutreffen:
a) Man ist bereit, auch mal Neues auszuprobieren und ab und zu aus der Routine "auszubrechen". Sie sollte ein Orientierungsmuster sein, keine strikte Regelvorgabe.
b) Die Reihenfolge hat sich nicht nur als zielführend erwiesen sondern macht auch glücklich und zufrieden mit sich selbst.
"Der Mensch ist ein Gewohnheitstier." Oft ins Ohr ein und ausgegangen, hat auch dieser alte Spruch wohl seine Richtigkeit. Letztlich glaube ich fest daran, dass Strukturen und somit auch die böse beschimpfte Routine Dinge enthalten, die der Mensch braucht: ein vorgezeichneter Plan für den Weg, den man gehen möchte und das Wissen über Dinge, die einen glücklich machen, selbst oder genau weil man sie jeden Tag wiederholt und sich ihrer sicher sein kann. Es verschafft Ruhe, Gewissheit und höchstwahrscheinlich auch Erfolgserlebnisse, einer Routine nachzugehen und somit ein "Running System" geschaffen zu haben.
Doch die Grenze zwischen "running system" und "Ich=Maschine" ist für besonders jene Mensche, die ohnehin einen gewissen Drang zur Kontrolle haben, ist fließend. Hat es gerade noch Spaß gemacht, sein Leben auf diese Art und Weise zu fühlen, kann es irgendwann auch geradezu zu einem Zwang werden. Man tut, nicht mehr weil man es für richtig hält und auch nicht, weil es mit sich vereinbaren lässt und schon gar nicht, weil es einen glücklich macht, sondern: Man tut, weil man das halt so tut. Schon seit Jahren und fast jeden Tag. Daraufhin auszubrechen ist für viele nicht leicht und kann geradewegs zu einer Psychose oder sogar einer handfesten psychischen Krankheit führen. Wie man erkennt, ob die eigene Routine denn nun wirklich glücklich macht oder nur noch ausgeübt wird, weil man denkt, es ginge eben nicht anders? Das ist oft gar nicht so einfach, aber letztlich ist ein großer Grad an Selbstehrlichkeit wichtig. Die simple Frage: Macht es mich glücklich? Will ich das so? Habe ich Sehnsüchte? Was träume ich denn in letzter Zeit so? Falls es beruhigt: Die Wahrheit kennen wir ganz genau, sie ist nur nicht unbedingt leicht zu finden, da möglicherweise sehr tief an einem Ort vergraben, den wir in unserem Alltag meines Erachtens zu selten zu Rate ziehen: Unserem Unterbewusstsein, unserem Instinkt, oder nach volkstümlichem Sprachgebrauch: In unserem Herzen.
Deswegen rate ich jedem, der eine gewisse Routine fährt und sich angegriffen fühlt, sobald ihn jemand als eher langweilig deklariert: Schließe die Augen und hör in dich rein. Macht dich glücklich, was du tust? Läuft es gut, so wie es läuft? Und bist du auch bereit, Neues auszuprobieren und ruhig auch mal ein, zwei Wochen etwas völlig anderes auszuprobieren, ohne beklemmende Gefühle zu bekommen?
Und wenn man ehrlich und mit reinem Herzen sagen kann: "Ja, es macht mich glücklich und ja, ich bin dennoch offen!", dann lassen Sie die Leute reden (und leben) und leben Sie IHR Leben weiter. Mit einem stolzen und fröhlichen Gefühl kann man den neuen Tag beginnen, denn man weiß: Ich habe den Weg, der mir in meiner Lebenslage gut tut, gefunden.
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