Sonntag, 6. Februar 2011

Teenager: Der ganz normale Wahnsinn

Mit Pickeln und dem ersten Deospray beginnt er: Der ganz normale Wahnsinn der Pubertät. Davor war man als Kind noch oft verträumt in seiner eigenen Welt (eventuell bewohnt mit noch ein paar Gleichgesinnten) und trug Klamotten, von Mama gekauft und teilweise (je nach Alter und Geschlecht) auch herausgesucht. Kurzum: Man machte sich Gedanken darüber, wie man das coole Pokemon beim Gameboy-Spielen fangen könnte oder wann man sich am Fußballplatz treffen könnte, nicht aber über eine bestimmte Frage. Eine Frage, die ab der Pubertät von immenser Bedeutung und Priorität ist: Was denken die anderen über mich?

Plötzlich beginnen Jungs wie Mädels damit, coole Klamotten in entsprechend coolen Geschäften zu suchen, jedoch aber um jeden Preis zu vermeiden, dass jemand sieht, wieviele Gedanken hinter der Klamottenwahl stecken. Logisch, man will ja lässig und cool wirken. Ebenso verstohlen die Blicke, die man den anderen von der Seite zuwirft, um ihre Reaktionen, Verhaltensmuster oder Tätigkeiten zu mustern, um es auf betont lässige Art dann genau so zu immitieren. Aufeinmal bilden sich bestimmte Personengruppen heraus, die "cool" sind und welche die es... nicht sind. Es gibt Hobbys, Klamottenstile, Charakterzüge und Prestigeobjekte, die einen in der Coolheitsskala aufsteigen lassen oder aber auf direktem Weg ins soziale Jenseits befördern. Ein Max, der super im Fußball ist und auch schon erste Erfolge bei Mädls erzielt nimmt die Rolle des sozialen Vorbilds für die Teenagerschaft ein, während Heiko, der am liebsten Insekten und Briefmarken sammelt und immer noch die Klamotten trägt, die seine Mutter für ihn bei Takko erstanden hat, in der Ecke links liegen gelassen (in schlimmeren Fällen auch gemobbt) wird. Es ist nicht so, dass das in der Kindheit nicht bereits in Ansätzen vorhanden war, dieses Einnehmen von Rollen. Dennoch prägt es sich meiner Meinung nach erst in der Jugend richtig aus.

Alle diese jungen Menschen haben letztlich ein Ziel: Sie wollen sich selbst finden. Wissen, wer sie sind, wie sie sich denn nun, da sie keine Kinder mehr sind, denn bitte identifizieren sollen. Das führt zuerst einmal oft zu einer Uniformität. Es ist wesentlich leichter, so zu sein wie alle anderen auch, als sich etwas eigenes zu erarbeiten, hinter dem man dann auch noch stehen muss. Also zieht man sich brav (oder besser gesagt cool) genau das selbe T-Shirt von Billabong an und beginnt zähneknirschend mit dem Fußball, weil es eben halt angesagt ist. Man kauft Deos und Parfums, die in Werbung entsprechende Wirkung auf Mädchen versprechen und hofft, es könnte, kombiniert mit dem hart erarbeiteten Image etwas bringen, um die Damenwelt zu beeindrucken. Die Damen sind ihrerseits jedoch genauso schwer damit beschäftigt, sich möglichst oft zu sagen wie sehr sie sich doch lieb haben (dass sie sich erst seit drei Stunden kennen, nimmt eher eine sekundäre Rolle ein) und ja nicht hinterher zu sein mit dem neuesten Klatsch über die Welt der Sternchen und Stars, frisch aus der neuen "It-Girl". Achja, und sich auf der Toilette zu schminken. Denn es gibt wohl kaum etwas womit man besser signalisieren kann: "Ich bin eine junge Frau und achte auf mein Äußeres."

Man nimmt Klischerollen ein und fühlt sich wohl darin, da das Problem der Selbstfindung erstmal gelöst ist. Doch je älter die Teenies dann werden und spätestens wenn sie keine Teenies mehr sind, tut sich meist mehr in Richtung Individualität. Irgendwann hört man auf Ohrringe zu tragen, die den dreifachen Umfang des eigenen Schädels einnehmen, weil man sie nach den vielen Jahren eher lästig findet. Man hört auf, Klamotten zu tragen in denen man sich nicht wohl fühlt, Musik zu hören, die einem eigentlich nie richtig gefallen hat und generell Dinge toll zu finden, weil sie die anderen toll finden. Es stellt sich die selbe alte Frage: "Wie identifiziere ich mich?" Durch die Pubertät einige Erfahrungen und Experimente reicher (denn dafür ist sie, so denke ich, auch da), geht die Reise weiter.

Und irgendwann traut man sich dann vielleicht sogar wieder, mit der von Oma gestrickten Mütze nach draußen zu gehen und dabei fröhlich das Lied zu pfeifen, das man gerade im Ohr hat. Weil man eben so ist.

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