Montag, 30. März 2015

Ein bisschen Leiden

First of all: "30 Rock" ist eine wahnsinnig witzige Serie. Die überaus anbetungswürdige Tina Fey spielt darin eine vom Stress und hier und da auch vom Sexismus gebeutelte Intendantin eines erfolgreichen Fernsehsenders. Doch in diesem Artikel soll es nicht darum gehen. Nur um eine Folge. In der nämlich sagt Liz Lemon (so der Serienname) dem Showbusiness für kurze Zeit Lebewohl – und trifft auf eine Horde vergnügungssüchtiger Damen, deren Leben zwischen Designerklamotten und Maniküren im Vergleich zum Arbeitsleben wie das schillerndste Paradies erscheint.

Liz, die zuerst dachte, niemals ohne den Stress und die Hektik im mehr oder weniger wahnsinnigen Fernseh-Team leben zu können, verliebt sich in dieses heitere Leben ohne Sorgen, Deadlines und unfähige Untergebene. Bis es schließlich zu DER Szene kommt. Als sich Liz gerade auf die nächste Gesichtsmassage freut, eröffnen ihr die Damen, dass sie nun zu kämpfen gedenken. Dieses genussreiche Leben enthalte nicht die entscheidenden kontrastierenden Faktoren, um es genießen zu können: Probleme, Ärger, Leiden. Mit ein paar Stunden Kratzen und Beißen ließe sich das Adrenalin jedoch wieder zurück in die Blutbahnen bringen. Ob sie nicht zu erst zuschlagen wolle? Liz verlässt die Runde umgehend.

Genau diese Szene kam mir heute in den Sinn. Heute ist ein wettertechnisch absolut mistiger Tag. Wir, die wir in Österreich (und man sagt sich insbesondere Salzburg) nicht gerade um jeden Tropfen betteln müssen, führen auch keine Regentänze auf, wenn es wieder so weit ist und es schüttet als gäbe es kein Morgen mehr. Mein erster Gedanke in der Früh, die ich alltäglich nutze, um mich ein wenig körperlich zu ertüchtigen: "Hm, ich wollte doch eh mal einen Pausentag machen...". Mein zweiter: "Ach scheiß drauf."

So begab ich mich also mit wasserfester Jacke, die bei einem solchen Wetter ungefähr fünf Minuten lang wasserfest ist, auf meinen geliebten Drahtesel um meinen Weg zum Fitnessstudio zu meistern. Die ersten fünf Minuten waren, das will ich gar nicht erst leugnen, grässlich. Ich fand es kalt und fies und eklig. Doch nach den fünf Minuten stellt sich das ein, was ich gemeinhin als das "Basst scho"-Gefühl bezeichne. Dann nämlich, wenn der eigene Schaltkasten begreift, dass das Sudern gar nichts nützt und sich an der Situation nun einmal dank sturem Frauchen nichts ändern wird, sagt er einfach: "Nagut." Oder eben: "Basst scho."

Aufeinmal spüre ich den Regen auf meiner Haut und finde ihn eigentlich ganz schön. Kalt ist mir nicht mehr, weil ich fleißig in die Pedale trete und ja, ich gebe es zu, ich fühle mich fast ein bisschen stolz, als weit und breit einziger Radlfahrer inmitten hunderter Autopassagiere. Ich merke, wie meine Strumpfhose sich immer dichter vollsaugt und der Stoff sich an meine Haut schmiegt. Doch es stört mich nicht. Ich schaue einfach auf mein Ziel vor Augen und fühle mich ein wenig buddhistisch-philosophisch, weil ich endlich einmal einfach das Hier und Jetzt vollkommen annehme und darin wortwörtlich bade.


Auf dem Heimweg schüttete es noch mehr. Irgendwie ging's mir dann doch auf den Sack. Ich war nahe dran, meine Scheiß-Philosophie wieder über den Haufen zu werfen, als mir plötzlich eins klar wurde: Wie oft hat man im Leben eigentlich die Möglichkeit, jede Faser des Körpers zu spüren? Wie oft sitzt man im Kontrast dazu in einem wohltemperierten Büro, in dem man scheinbar wichtigen Details einer Werbekampagne nachgeht, meilenweit entfernt von jeglichem Schauspiel der Natur? Radeln durchs Nass, das ist etwas, von dem man sagt, dass es furchtbar ist, das man aber auch als etwas sehr wunderbares erfahren kann. Oder anders gesagt: Ein bisschen Leiden schadet nicht.

Zumindest bis man wieder im schönen lieben warmen Zuhause ist und sich der nassen Klamotten entledigt. Mal ehrlich: Gibt's was Besseres?!

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