Aber da gibts so einen ganz besonderen Gedanken, eine Idee, die mich an manchen Tagen selbst bei stundenlangem Schwimmen (zugegebenermaßen ziiemlich eintönig) nicht langweilen lässt. In diesem Tagtraum, den ich tatsächlich noch nie nachts hatte, geht es immer damit los, dass ich die Augen aufmache und in einer mir persönlich fremden aber meinem Traumich wohl bekannten kleinen Hütte aufwache. Ich muss gestehen, es ist keine Hütte ohne Strom und Warmwasser oder dergleichen. Dafür bin ich wohl erstens zu verwöhnt und zweitens zu ehrlich zu mir selbst.
Aber es ist eine gemütliche Hütte. Vielleicht ist es auch ein kleiner Bungalow. In jedem Fall ist nichts luxuriös oder kitschig daran. Das Mobiliar ist schlicht. Kein Bild hängt zuviel, keine Tapete und erst recht kein Wandtatoo. Aber auch kein Monstrum an Bauernschrank. Weniger ist mehr. Doch fern von diesem Wohntraum geht es, sobald ich ein bisschen gefrühstückt habe, hinaus.
Und da ist das eigentliche Wunder. Meine eigene kleine Farm. Irgendwo in einer Gegend, die allen Bildern, die ich von irischen und schottischen Küsten kenne, sehr ähnlich ist. Vielleicht auch ein bisschen wie Amrum, meine erklärte Lieblingsinsel, irgendwo in der deutschen Nordsee. Ich höre das Meer rauschen. Ich sehe die Hügel vor mir, denen man als ehemaliger Herr-der-Ringe-Fan gar nicht umhin kommt, gedanklich die Türen und Fenster eines Hobbithäuschens hineinzusetzen.
Und da kommen sie schon auf mich zugelaufen. Noch ein bisschen müde, aber sichtlich fröhlich mich zu sehen. Meine Schäfchen. Plüschig wollig sind sie, denn ich schere nach einer eigens entwickelten Methode immer nur so wenig ab, dass die armen Dinger nicht frieren müssen aber ich genug verdiene, um ihnen ein schönes Leben zu bieten. Es sind nur eine Handvoll Schaffe, denn was mir schon immer vorschwebte, bevor ich dieses kleine Gut für mich entdeckte, war ein Hof der vom Gegenteil der Massentierhaltung profitiert.
Ich knuddle jedes einzelne der Schäfchen und kuschle mich in ihre warme weiche Wolle. Dann kommt auch schon mein Kätzchen und schreit ihrerseits nach Pflege und Liebeseinheiten. Sie geht gerne mit mir spazieren. (und jeder der diesen Tagtraum nun für unrealistisch erklärt, dem empfehle ich eine Visite in dem Zuhause meiner Eltern. Dort lebt eine Katze, die das tatsächlich tut. Wirklich.) Nachdem ich meine Schafe gefüttert habe, begebe ich mich an die Küste, um zu schreiben. Denn meine Passion des Schreibens habe ich natürlich nicht aufgegeben. Ich schreibe nicht nur Bücher, sondern auch für die Zeitung, für eine kleine Agentur mit drei wahnsinnig lieben Menschen und für allerhand weitere Arbeitgeber, die ich alle noch aus meinem anderen Leben in der Stadt kenne.
Ich habe mir angewöhnt, per Hand zu schreiben, weil ich so gerne das Selbstgeschriebene in meinem schlichten mit braunem Lederband eingehüllten Notizbüchlein lese. Das Abtippen übernimmt sowieso eine Software, der ich nur vorlesen muss, was ich geschrieben habe. Ich mag es, wenn ich so noch einmal alles durchgehen kann, was ich so fabriziert habe.
Ich höre das Meer rauschen. Noch besser: ich sehe es. Wie ich da auf meinem eigenen kleinen Hügel direkt über den energiegeladenen Wellen sitze, wie sie in spritzender Gischt immer wieder gegen die Felsen schlage, sehe ich der Sonne beim Aufgehen zu. Meine Katze sitzt inzwischen auf mir drauf und schnurrt laut. Sie liebt den Morgen genauso wie ich.
Ich werde heut noch viel machen. Ich werde über die vielen Hügel und Täler laufen und mich dabei wie eine Verbündete vom Wind fühlen, der mich manchmal sachte umspielt, und manchmal vor Wildheit fast umhaut. Ich liebe ihn. Es wird nie wärmer als 20 Grad hier in meinem Traumzuhause und es formen sich faszinierende Wolkenformationen. Selten ist die Sonne wolkenlos, selten muss mir daher so unerträglich heiß werden. Toll.
Toll ist auch, dass meine noch immer geliebte Stadt nicht weit entfernt ist. Denn irgendwie habe ich es geschafft, eine halbirisch-halbschotische Landschaft direkt am Meer ganz in der Nähe von Salzburg zu finden. Ich muss nie einsam sein. Ich kann mich immer in den Trubel von Einheimischen und Touristen begeben, wie sie durch die Stadt spazieren, radeln, bummeln.
Aber allein bin ich sowieso nicht. Nein, nicht wegen der Schafe, nicht einmal wegen der Katze. Wenn ich von meinem heißgeliebten Allerallerlieblingsplatz auf einem Felsvorsprung hoch über den Meereswellen mit meinem Kätzchen im Schlepptau zurück komme, ist auch ER schon wach.
Mein Herzallerliebster. Er war am Anfang nicht begeistert von meinen Plänen. Aber er hat hier allen Platz der Welt für seine Autos und kann ohne Tempolimit fahren, wohin er auch möchte. So ließ er sich überzeugen. Mittlerweile liebt er das Leben hier fast noch mehr wie ich.
Jetzt wissen Sie, was in meinem Kopf so vorgeht, wenn ich spazieren gehen. Und sollten Sie mir begegnen, mich grüßen und keine Antwort erhalten, dann bitte seien Sie mir nicht böse. Ich ignoriere Sie nicht absichtlich, nie. Aber jetzt wissen Sie ja, wo ich gerade wirklich bin.
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