Montag, 24. Dezember 2012

Es waren mal die Bücher

Sie stapeln sich zu Hauf im Haus meiner Eltern, sie füllen Regale und sie enthalten Unmengen an Wissen, Fleiß und Schreibkraft von Menschen, die eine unbestimmte Zeit aufgewendet haben, um das Buch zu schreiben. Vielleicht manch einer sogar zunächst von Hand, wie es vielleicht üblich war, als sich noch nicht jeder eines Computers auf den hauseigenen Schreibtisch, bzw. heute Laptops auf den Schoße eigen nennen konnte. Doch auch wenn am PC ein sehr persönliches Stück.

Auch heute gibt es sie noch. Bücher, die nicht zur spannenden undoder belustigenden Unterhaltung dienen sollen, sondern dem Zuwachs an Bildung und dem Füttern mit neuen Informationen, Fakten und Nützlichkeiten. Teilweise scheint sich geändert zu haben, was als nützlich empfunden wird. Ich spiele auf diverse Hobbyphilosophen an, deren Werke ich aus hochmütigen Vorurteilen heraus jedoch nicht gelesen habe, und mir daher hier gar nicht weiters ein Urteil erlauben will.

Zurück zum Thema. Die Wände voller Schränke, die Schränke voller Bücher, sehe ich mir deren Inhalt immer wieder gerne an. "Was fehlt meiner Topfpflanze?" ein Titel. "Katzen. Ein psychologischer Ratgeber" ein anderer. Es steht dann ein Autor da und ich frage mich: Was ist das wohl für ein Mensch, dieser H. N. Cevat, der all sein Wissen in Form eines Buches verewigt hat. Egal ob ich ihn mir als leicht verrückten Pflanzenforscher mit wirrem Haar, als Bankangestellten mit grünem Daumen und einem schönen Hobby oder aber als - die einfachste und daher langweiligste Lösung - Florist oder Gärtner vorstelle. Ich finde es irgendwie bewegend und toll, dass es da ein Buch gibt mit einem Autor. Es scheint vertrauenswürdig. Es ist klar: Wann immer meiner Topfpflanze was fehlt, dieses Buch wird mir helfen. Sicherer Boden in einer denkbar unsicher und irgendwie waage gewordenen Welt.

Denn was macht man heutzutage, wenn was nicht passt? Ja, man schaut im Internet. Da findet man ja alles. Das Problem: Wirklich alles. Von Schrott bis zur Weltformel vermutlich alles auffindbar, wenn man mit viel Glück und Erfahrung darauf stößt. Es ist eine Riesenplattform, auf der jeder schreiben kann, was er lustig ist. Dadurch steht immens viel Wissen und immens viel Bullshit. (dazu habe ich mich bereits in meinem Artikel "Kollektives Wissen oder allgemeine Verblödung?" ausgelassen)

Ich weiß nicht, wieviele Bücher H. N. Cevat letztlich an den Mann gebracht hat. Im Wohnzimmer von Mama und Papa steht es jedenfalls. Aber wie schaut das künftig aus?
Wer kauft heut noch Bücher zu einem Thema, wirklich zur reinen Info? "Wer bin ich und wenn ja wieviele", die "Anleitung zum Unglücklichsein" und wie sie nicht alle heißen kann ich da nicht ernsthaft dazu zählen.

An der Uni findet es noch statt, der Wissensaustausch mit Büchern und Skripten. Man schreibt an einer Arbeit zu einem Thema, leiht sich Literatur aus der Bibliothek aus, schreibt sich die Finger wund. Die Uni ist allerdings meines Erachtens auch in gewisser Weise ein von der freien Wirtschaft zunächst geschützter Raum.

Kaufen Leute also noch Bücher? Oder würden sie überhaupt im Buch nachsehen, selbst wenn sie eins in wilder Übermut an einem Shoppingnachmittag im Hugendubel gekauft hätten? Wäre nicht immer das Eingabefenster mit dem blinkenden Zeichen bei Google die wesentlich bequemere Wahl?

Ich glaube, das Internet ist dabei, Alltagswissen in Form von Büchern zu ersetzen. Eigentlich ist es ja vielleicht besser so. Mussten sicher schon viele Wälder für all die bedruckten Seiten und Umschläge dran glauben. Weniger Krempel spricht auch den Minimalisten in uns an.

Aber hier im Wohnzimmer meiner Eltern finde ich mich emotional befangen wieder, objektive Argumente kurzzeitig einfach unbeachtet. Es ist schön. All diese Bücher, in denen man blättern kann. Vielleicht sogar mit Bildern, auf jeden Fall mit Eintauchen-in-eine-andere-Welt-Effekt. Und sei es in die Welt der Zimmerpflanzen. So gesehen ist so ein Bücherregal eine lange Reihe von Portalen.
Ich werde mir jetzt keine Privatbibliothek mit Wissen zu verschiedensten Themen anlegen. Das rentiert sich einfach nicht mehr wirklich, das ist mir in meinem modernisierten Hirn ja klar.

Aber ich bin gern hier zuhause und schmökere mich durch die Riesenpalette an gedruckten Eingangspforten. Das Internet kann echt viel. Aber den Geruch von einem alten Buch, wenn man es nach länger Zeit wieder aufschlägt, nach Weisheit und Holz. Das Gefühl von Seiten, wie man die Finger über sie streichen lässt. Und diese immens seriöse und bodenständige Ausstrahlung.
Das vermisse ich bei Dr. Google schon jetzt.

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