Reisen bedeutet wohl für jeden etwas anderes. Die einen wollen einfach nur ein paar Abenteuer erleben , um dann ziemlich bald genug von der Fremde zu haben und sich mit Freudenschauern nach dem Tag sehnen, an dem es endlich wieder heimwärts geht. Schon allein das Gefühl vom Endlich-wieder-daheim ist manch eine Reise wert. Manche wollen Erholung und sind vielleicht dementsprechend etwas wehmütig, wenn die Chiller-Zeit offiziell mit dem Flieger nach Hause endet.
Meine erste Reise nach Thailand letztes Jahr war ein Urlaub, war spannende Abenteuer, war eintauchen in fremde Gewässer. Sowohl wortwörtlich als auch metaphorisch. Ich bin mit dem guten Gefühl heimgeflogen, viele Bilder für das heimische Album mitgenommen zu haben.
Die zweite Reise hat mich nun hungrig gemacht. Ich wäre am liebsten länger in Bangkok geblieben. Die Stadt, die mir anfangs Schlaf und Nerven raubte, die mich fast um den Verstand gebracht hätte. In Sinnkrisen, weil ich sie einfach nicht verstehen konnte, die Menschen, die dort lebten. Das komplette Haareraufen und Unverständnis angesichts zahlreicher Ereignisse die sich zwar vor meinen Augen abspielten aber wie Sand durch meine Finger rinnten, weil ich sie nicht fassen konnte. Dabei wollte ich. Ich versuchte von Anfang an voll Faszination und Gier jedes Fitzelchen der Thai-Kultur und dieser Stadt die allem, was ich kenne so fremd ist, in mich aufzusaugen wie ein Schwamm.
Ich fühlte mich hektisch, ich wollte rennen, um möglichst schnell alles zu sehen. Fliegen, um die Stadt von oben zu betrachten. Ich wollte wissen, wonach es da ständig roch, mal widerlich, mal unfassbar lecker und dann mal ganz undefinierbar aber seltsam inspirierend. Ich wollte sie besitzen, ich wollte sie aufessen, die ganze Stadt mit ihren Geheimnissen wollte ich lesen wie ein Buch.
Doch als ich das erste Mal die Erfahrung machte, alleine in Bangkok zu sein, entspannte ich mich. Ich fuhr mit den Öffentlichen, mit einem Stolz, den ich mich tunlichst bemühte zu verbergen. Ich aß so wie alle im FoodCourt, also gewissermaßen der Mensa für alle. Ich shoppte und feilschte wie ich es mir von den Thai abgeschaut hatte. Ich ging joggen im Lumphini Park und sah mit Freuden all die Yoga-, Athletik- und Tai-Chi-Begeisterten. Mir war, als hätte ich die Chance, ein ganz anderes Ich zu entwickeln und auszuleben. Nach und nach adaptierte ich, wie sie sich bewegten, wie sie redeten. All das tat ich nicht absichtlich, da hätte ich mich blöd gefühlt. Es passierte einfach mit mir.
Und dann passierte noch etwas anderes mit mir. Ich tanzte im Rhythmus der Stadt. Ich habe angefangen, zu begreifen, warum selbst ein so lauter, bunter und wilder Ort wie Bangkok trotz allem ein guter Ort sein kann. Mehr großer lebendiger Marktplatz, denn gefährliche Großstadt. So zumindest fühlte es sich an.
Dass ein Radlunfall im wunderschönen Lumphini Park schließlich zur Erleuchtung für mich führen würde, hätte ich wohl vorher auch nicht gedacht. Aber so war es. Eine Thaimama mit Schulkind fuhr mir in Schrittgeschwindigkeit in die Wade. Raus kam eine große blutige Schramme sowie eine versammelte Masse, die mit mir fühlte und die Frau strafend ansahen. Beschwichtigende Gesten und Worte ("Its ok, its ok!") konnten zumindest den Zorn schließlich von ihr lenken, nicht jedoch eine liebe Oma in anmutiger ehrwürdiger Erscheinung davon, mir alsbald heilsame Tropfen auf die Wade zu träufeln. Flink hatte sie diese aus dem Handtäschchen gepackt und verbeugte sich kurz, bevor sich ein angenehmer Geruch nach einem Kräutergemisch ausbreitete. Es hörte auf zu bluten und ist schnell geheilt.
Die Erkenntnis hat mich da getroffen. Oder die Liebe, wie man es sehen möchte.
Die Thai und ich, das könnte was werden.
Mal sehen, was die Zukunft bringt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen