Freitag, 22. Juni 2012

Leben in den Rucksack packen

"Und, was nehmen Sie aus dieser Präsentation mit?" Ein einfacher Satz von einer freundlichen Dozentin an einem sonnigen Vormittag an der Uni hat mir sehr gut gefallen. Er brachte mich zum Nachdenken. Wie wir da saßen, jeder in seinen eigenen Klamotten und Tasche oder Rucksack, den er mit seinem Kram am selben Morgen gefüllt hatte. Die eine hat es schon Montags früh geschafft, perfekt gekleidet, geschminkt und mit wachen Augen adrett Beine-überschlagenderweise auf ihrem Platz zu sitzen. Der andere flätzt mit verwuscheltem Haar, tiefen Augenringen und einem großen dampfenden Pappbecher Kaffee, irgendwo zwischen Stuhl und Tisch.

Ja, wir sind sehr unterschiedlich in diesem Kurs. Und doch waren wir alle versammelt. Und da kam dieser Satz "Was nehmen Sie für sich mit?"
Zunächst einmal kam es mir vor wie eine Standardformulierung. Man sitzt da, hört mehr oder weniger gespannt dem Vortrag einer Referentin zu und in besonders motivierten Momenten kritzelt man sogar ein paar Notizen mit. Übereifrig ist man spätestens ab Hälfte, sicher aber ab Ende des Semesters gewiss nicht mehr. Während nämlich die einen zunehmend routiniert und damit tendenziell öfter gelangweit sind und es vorziehen, einfach mal ein wenig Ruhe zu genießen, kommen bei anderen auch wesentlich tiefere und manchmal leider auch deprimierendere Gedanken auf. Warum das eigentlich alles? Was mache ich hier?
In solchen Momenten des Zweifelns tauchen sie auf, die Bilder von Sehnsüchten, die man eigentlich auch mal leben wollte. Ob sonniges Meerespanorama, vor dem man in exotischen Gewässern endlich tauchen lernt oder auch ein Großstadtlebenmit Party all-night und Starbucks-Kaffee all-day, mit coolem Flair und Neonlichtern.

Und man selber sitzt in einem zwar hübschen, aber doch inzwischen sehr gewohntem Raum und lauscht mehr oder minder interessanten Vorträgen und wundert sich. Wars das? Das hier? Wie als wenn man sich plötzlich, nachdem man sich eigentlich sicher war, im richtigen Raum zu sitzen, aufeinmal fragt: "Ja aber stimmt denn das Gebäude?" Das schaut nämlich grad nicht mehr so frisch und toll aus wie einst. Die Fassade springt ein wenig ab und auch sonst hat man schon wieder Fernweh nach neuen Abenteuern.
Ich weiß nicht, vielleicht bin ich auch die einzige, die sich ab und an mit solch existenzialisten Fragen plagt. Es ist zum Glück nicht die Regel, aber eine gewisse Tendenz zum Hinterfragen des Hier und Jetzt kann ich nicht verleugnen.

"Was nehmen Sie für sich mit?" Aufeinmal enthielt dieser Satz ein Wunder. Und plötzlich war es mir wieder klar. Die Sonne ging auf, der Horizont lichtete sich, das Boot stach wieder in See. Es passt hier jede pathetische Metapher, die veranschaulichen soll: Der Satz hat aufgeräumt.
Aufeinmal wurde mir bewusst Es geht nicht immer darum, das alles genau so passt wie es ist. Es geht auch nicht darum, sofort immer gleich im richtigen Gebäude zu sitzen.
Jeder in diesem Raum, mit seiner Tasche, seinem Rucksack, seiner Brotzeugbox und seinem karierten Papier-Block ist ein freier Mensch. Man kann morgen, ja sogar heute, zu jeder Zeit hingehen, wohin man möchte. Es ist nicht so, als würde man sich einen fixen Punkt suchen, auf dem man fortan Stellung halten müsste. Tatsächlich ist es so ein schöner Gedanke: Aus allem lässt sich etwas mitnehmen. Erscheint es auch im ersten Moment noch so klein und lächerlich.

Es geht darum, im Hier und Jetzt zu lernen. Dinge mitzunehmen. Erfahrungen, Erkenntnisse, ganz neue Menschen. Man lernt sich kennen, man lernt von einander. Man lacht, lebt, weint miteinander. Man probiert etwas aus, findet etwas toll, lehnt etwas ab. Man studiert nicht nur sein Studienfach sondern alles und jeden um sich herum. Und jeden Tag gibt es neues zu lernen, zu beobachten. Man muss nur die Augen offen halten.
Egal ob das Gebäude nun das richtige ist, oder der Raum, oder überhaupt das Land. Etwas mitnehmen kann man immer.
Der Urlaub, bei dem man sich wünscht, er würde nie enden: Nehmen Sie sie mit, die Bilder, Gerüche, die Luft und das Gefühl von tanzender Freiheit.
Der Abend voller Rhythmus und Tanz, das glückstaumelnde Gefühl und das beseelte Taumeln in Grenzenlosigkeit, all das lässt sich mit einpacken.
Und auch wenn mal etwas nicht so gelaufen ist, vielleicht sogar ein trauriges Erlebnis: Es ist nicht umsonst. Sogar die Frage nach dem Sinn, die sich mancheiner unter uns immer wieder stellt. Warum macht man etwas, was ist der Sinn, ist da noch mehr? Die Frage erübrigt sich, wenn man bedenkt, dass die Schätze, die man sich eingepackt hat, für ein Leben erhalten bleiben und glücklich machen. Der Horizont lichtet sich eben nur, wenn man weitergeht.

In diesem Fall ging es davon, aus einer Präsentation etwas mitzunehmen. Ich kann mich nicht mehr an den Inhalt erinnern, wohl aber an das Selbstbewusstsein, mit dem das Mädl ihren Vortrag gehalten hatte. Wie sie Fröhlichkeit ausstrahlte und so vermutlich auch ein Referat über die Binominalverteilung statistischer Variablen zur spannenden Show verwandelt hätte.
Sie erinnerte mich daran, dass es oft passiert. Ich lerne oft Menschen kennen, die mich verzaubern. Wie sie reden, wie sie lachen, sich bewegen. Und ich muss ehrlich sagen, dass ich mich hin und wieder dabei ertappe, etwas zu übernehmen. Etwas "mitzunehmen".

Ich mag die Vorstellung von uns allen als Pilgern durch das Leben. Jeder mit Hab und Gut auf dem Rücken, jeder im Prinzip doch gar nicht so anders als der andere.
Und jeder in der Lage, ein Stückchen nebenher zu gehen.
Und hin und wieder etwas mitzunehmen, ohne es zu stehlen. Denn es sind Gedankengüter, Erinnerungen, kleine und große Geschenke, die uns das Leben im Laufe unseres Daseins macht. Sie begleiten uns ab da für immer auf unserem Weg. Man kann sie, wenn man in Gedanken herumschlendert, entspannt im Zug sitzt oder einfach nur auf dem Bett liegt, jederzeit hervorholen.

Ob das die Dozentin wohl meinte?
Schwer zu sagen.

Mittwoch, 6. Juni 2012

Wo sind all die Träumer hin?

Sie sind meist Figuren in Romanen und Kurzgeschichten. Sie lassen sich treiben, sind ein wenig weltfremd und haben von der Realität nur eine ungefähre Ahnung. Sie grübeln nicht den ganzen Tag darüber nach, was sie heute noch alles erledigen müssen. Stattdessen sitzen sie wahlweise auf einem Steg am See und werfen gedankenverloren Steinchen ins Wasser, spazieren am Meer entlang und sammeln Muscheln oder füttern Möwen. Es ist ein Bild, das sich gut eingeprägt hat: Letztlich ist es das Bild von Glück. Nichts zu tun (oder zumindest macht es den Anschein), die Seele baumeln lassen, frei sein. Rumsitzen, spazieren, alles. Bloß eins nicht: Hektik.

Doch was ist die Realität heutzutage? Zum Bersten überfüllte To-Do-Lists, ein Gerenne von Punkt a zu Punkt b um noch rechtzeitig zu Punkt c zu kommen. Sobald man gefragt wird, ob man nicht Lust auf ein Tässchen Kaffee hätte "Ja eigentlich voll gern, aber..."
Ja, aber. Dieses aber. Man sagt es ständig, man hört es ständig, es ist so sehr in den alltäglichen Sprachgebrauch eingeflossen, dass es fast schon schockiert wenn da einer mal daher kommt und sagt "ja gerne, jetzt gleich?"
Es gibt diese spontanen Frohnaturen, diejenigen, die abschalten können. Aber ich bekomme vermehrt den Verdacht, dass es sich um eine aussterbende Rasse handelt.

Man muss sich nur mal die Werbung und PR-Bildchen von Campus- und Universitätsseiten durchsehen. Junge Menschen, die entspannt im Gras auf einer Picknickdecke herumlümmeln, in einer munteren Diskussionsrunde miteinander quatschen. Man kann sich direkt vorstellen, wie hin und wieder einer sich gähnend streckt und die andere kurz genießerisch die Augen schließt, weil die Sonne grad so schön auf die Nase scheint. Es sieht nach Glück aus, nach Angekommen-Sein. Es muss einen Grund geben für diese Bilder, mit denen potenzielle Studenten-in-spe angelockt werden sollen. "Komm hierher, studiere hier! Hier sind wir alle eine Gemeinschaft und lassen uns treiben", scheinen sie zu sagen.
Und wie schaut das dann in echt aus?

Ich will nichts generell gegen das heutige Studentenleben sagenoder wie dieses aussehen sollte. Es ist für mich nur ein gutes Beispiel für das, was derzeit extrem um sich greift. "Bück dich hoch", ein trotz seiner Party- und Tanztauglichkeit sehr gesellschaftskritisches Lied der Band Deichkind spricht es meines Erachten ebenso an. Es ist der Drang danach, zu powern, zu leisten, zu schaffen, zu machen und am Ende zwar komplett erledigt zu sein und keine Zeit für nichts mehr zu haben, dafür aber um Himmels willen produktiv zu sein. Bin ich selber ein Opfer dieser Mentalität? Ja, gut möglich. Aber auch nicht immer. Den Rest der Zeit frage ich mich: Wo sind sie hin die Freigeister? Die Leute, die unter Glück nicht das Abliefern des fünften Projektes bereits zu Anfang des Monats verstehen. Sondern: Die Zeit, in der man einfach mal man selbst sein kann. Frei. Den Kopf voller Träume und die Zeit, sich diesen hingebungsvoll zu widmen. "Don't dream your life" heißt es und dabei wird ganz vergessen: Was gibt es denn schöneres als einfach mal alle Bilder und Sehnsüchte, Farben und Formen im Kopf zuzulassen? Urlaubserinnerungen bei altbekannten Liedern aus dem iPod hochkommen zu lassen, Menschen kucken, Düfte und Gerüche um sich herum wahrnehmen, Regen und Sonne auf Haut spüren.

Man will etwas leisten, klar. Das bloße Herumhängen ist für die wenigsten was. Aber mir scheint, dass angesichts von Workaholismus und Burnoutfall der dreimillionste heutzutage vergessen wird, was Arbeit ist und was Freizeit. Und worauf man da eigentlich hinarbeitet. Ist es nicht Freiheit, was man am Ende des Tages haben will? Wie kommt es, dass jemand soviel arbeitet, dass er am Ende all seine Träume von Reisen und Abenteuer vergisst? Oder sei es der einfache Ski- oder Badeurlaub. Wie kommt es, dass die Pauschalaussage irgendwann wie von Zauberhand aus dem Mund strömt: "Ich würd ja gern, aber..."
Ist es am Ende nicht eine Ausrede, die wahren Träume gar nicht erst angehen zu müssen? Ist das geschäftige Treiben das perfekte Alibi um keine schwierigen und manchmal quälenden Fragen mehr nach dem "Was genau will ich eigentlich wirklich?" stellen zu müssen?

Im Großen ist das eine Abenteuerreise mit dem Rucksack durch Südamerika. Im Kleinen ist es der gedankenlose Spaziergang, das Sitzen auf der Bank oder das verträumte und süße Nichtstun im Überall und Nirgendwo. Wenn der Wind draußen um die Nase weht, entweder alleine oder mit einer guten Freundin ratschend. Wenn man aufeinmal so lachen muss, dass man gar nicht mehr aufhören kann. Wenn einem auf einmal alles egal ist, außer der Tatsache, genau jetzt hier zu sein.
Ich habe immer eine grüne Wiese vor Augen, wenn ich an das Paradies denke. Ganz so kitschig muss es ja nicht in jedem Kopf ablaufen. Aber ich denke, jeder hat doch im Kopf so ein paar Bilder, denen er sich gerne widmet. Und Ideen, was man so anstellen könnte, wenn man eben mal nichts zu tun hat.

Ich denke es gilt wie so oft im Leben, die Balance zu finden. Eine Balance zwischen produktiver Arbeit und dem Gefühl, etwas geleistet zu haben.
Und dabei, das der schwierigere Teil, nicht zu vergessen, wofür man es tut.
Ob es das ist, was man tun möchte.

Und ob da noch genug Platz ist für die eigenen Träume. Und sei es nur die Picknickdecke am See mit dem Liebsten drauf.

Samstag, 2. Juni 2012

Wer reist, nimmt sich selber mit



"Wer auf eine Reise geht, der nimmt sich immer selber im Gepäck mit."
"Das Leben ist ein Buch. Wer nicht reist, liest nur die erste Seite."
"Man wächst an neuen Erfahrungen."

Ja, es gibt viele schlaue Sätze zu dem Thema. Das Thema, um das es geht, Sie haben es schon erraten: Reisen, ins Ausland gehen und neue Erlebnisse, Eindrücke und Erfahrungen mit sich nehmen. Es gibt viele Arten zu reisen, das Ausland zu besichtigen. Während die einen es bevorzugen als Tourist der ersten Klasse in teure Hotels einzuchecken, Cocktails zu schlürfen und sich schlichtweg die Vorteile des besuchten Landes samt Entspannung und Prinz/essin-von-Siam-Gefühl zu geben, schnappen sich die anderen lieber ihren Rucksack samt Schlafsack und nächtigen in Holzklassezügen, billigen Jugendherbergen oder am liebsten gleich im mitgebrachten Zweimannzelt. Das sind die Reisenden. Für einen bestimmten, in manchen Fällen sogar unbestimmten Zeitraum verlassen sie den heimischen Wohnsitz und die bereits eingesesssene Couch, um an abenteuerlich fremder Luft auf anderen Flecken der Erde neu durchzuschnaufen, die Gedanken zu sortieren, neues zu erleben und einfach: Mal was anderes machen.

Reisen ist etwas, das die Menschen wohl schon immer getan haben. Normalerweise ist ein zentraler Punkt daran, dass, auch wenn der Zeitpunkt noch fern ist, ein Zurückkehren zum Ausgangspunkt, der sogenannten Heimat, geplant ist. Mit anderen Reisenden von der ganzen Welt um den Esstisch des Hostels versammelt oder im Zug quatschend mit anderen Backpackern philosophiert man dann gern über Heimweh, über das, was man zuhause vermisst. Das gute deutsche Brot. Die Familie, Freunde.
Warum geht man dann überhaupt auf Reisen, wenn es zuhause doch so toll ist?
Der Grund ist einfach: Abenteuerlust.

Nach ein wenig Einleitung möchte ich hier ansetzen. Denn die Abteneuerlust lässt sich heutzutage oft nicht mehr alleine durch das Buchen eines Fluges weit weg befriedigen. Nicht einmal damit, dann auch einzusteigen. Denn egal, welcher Zeitraum, es handelt sich eben doch nur um begrenzte Zeit. Zeit, in der man viel Geld ausgibt und keines verdient. Zeit, die schon allein dadurch befristet ist, dass man ja nicht ewig Urlaub machen kann. Man muss kein Workaholic zu sein, um es nicht nur aus finanziellen Gründen eher abstoßend zu finden, so lange gar nichts zu tun zu haben. Was aber, wenn man nun eben doch für länger weg will? Egal ob Koller, den man allmählich zuhause bekommt oder Probleme, die sich daheim stellen. Das Gefühl, weg zu wollen, kann man manchmal übermächtig werden. Früher einfach nur stille Sehnsucht, lässt es sich heute ja sogar umsetzen und man beginnt zu planen. Aber was nun tun, wenn man eben nicht nur mal für ne Zeit weg will, sondern was ganz neues machen?
Die Lösung? Die haben sich schon viele schlaue Menschen in Agenturen überlegt und auch Privatpersonen sollen ganz ohne Hilfe schon allein darauf gekommen sein: Auslandsemester für Studenten, Auslandspraktikum, Work and Travel, oder, ohne klangvollen Namen: Einen Job und eine Wohnung im Ausland suchen. Auswandern auf Zeit eben, ob nun mit oder ohne Programm.
Der große Unterschied zum Reisen: Egal ob befristet oder nicht, baut man sich eine neue Existenz  auf. Man verfügt über eine fixe Adresse, die weder Ho- noch Hostel ist, man geht regelmäßig zur Arbeit und begibt sich weg vom (vom gemeinen Traveller gefürchteten) Touristenstatus. Man wohnt da, ist heimisch, ansässig und wird Teil einer neuen Kultur.

Klingt super, oder? Ich bin absolut der Meinung, doch fremde Stimmen beginnen wieder zu raunen: "Wer reist..." Nimmt sich selber mit, jaja, wir haben's verstanden. Springender Punkt ist eben schon folgender. Ob nun Rucksackreiser, schick mit Rollkoffer oder ansässig-werden-wollend mit drei Riesenkoffern: Der, der die Koffer schleppt, ihn hinter sich her zieht oder Rucksack auf dem Rücken trägt, ist immer noch die selbe Nase, wie noch daheim. Davonlaufen ist also weder vor persönlichen Charakterschwächen noch vor familiären Schwierigkeiten möglich. Wer glaubt, wo anders einfach "nochmal ganz neu anfangen" zu können und damit meint, einfach alles, was daheim eben nicht so gelaufen ist, hinter sich zu lassen, der begeht einen Denkfehler. Man stellt sich vor, wie man nun, frei von allem bisherigen Ballast, genau so ist, wie man gerne sein wollte. Frei und ungebunden, viel lockerer als sonst und überhaupt: Ein ganz neuer Mensch. Aber hat man das nicht schon zuhause versucht? Eben.

Menno, jetzt versau mir doch nicht meinen Auslandaufenthalt, höre ich es aus der Ecke murren. Und nein, das will ich wirklich nicht. Ich selbst werde nun wohl ins Ausland gehen, werde also einen Teufel tun wollen, mir das selbst durch Negativ-Denkerei zu vermiesen.

Es ist, denke ich, einfach wichtig, sich folgendes im Kopf zu behalten: Toll ist, was man schon hat. Man ist gewachsen, gereift, hat sowohl positive als negative Erfahrungen gemacht. Es geht nicht darum, zurückzulassen, sondern darum, neue Gefilde zu erkunden.  Neue Eindrücke sammeln, die zu den bereits gefundenen "alten" in die Erfahrungsschatzkiste der Erinnerungen gelegt werden können. Wie man da Unterhosen und Pullis faltet und in den Koffer legt, wie man Formalitäten unterschreibt und sich von Freunden verabschiedet, sollte man sich auch dafür Zeit nehmen: Das letzte Mal in der Heimat spazieren gehen und liebevoll seinen Blick über Gebäude, Bäume und Menschen gleiten lassen.

Denn Recht haben sie alle, die Befürworter der oben genannten Zitate. Man nimmt sich selber mit, man sammelt tolle und auch nicht so tolle Erfahrungen, man geht durch Höhen und Tiefen. Statt wegzulaufen, stellt man sich neuen Herausforderungen. Die alten Probleme von daheim gehen nicht weg, doch die eigene Perspektive ändert sich. Man gibt sich durch den Auslandaufenthalt, durch die Reise, Chance, weiter zu wachsen. Der Druck, ganz neu anfangen zu müssen, alles schlechte hinter sich zu lassen, fällt plötzlich von den Schultern. Das ist gut, denn an die Stelle der Lasten kommt nun der mit Abtenteuerlust gepackte Rucksack. Mit den Unterhosen, den Pullis und am allerwichtigsten:

Mit dem Kopf samt wertvollen Erinnerungen von daheim. Und das ist auch gut so. Auf zu neuen Gefilden und neuen Gedanken!