Mittwoch, 11. Juni 2014

Sich die Leichtigkeit bewahren

Gestern wurde mir mein Radl gestohlen. Gerade noch war ich entspannt und glücklich durch die Tiefen (naja) meines geliebten Hallenbadbeckens unterwegs und spazierte nun lockerleichten Schrittes die Glastür hinaus. Vermeintlich zu meinem ebenfalls bereits sehr geliebten Radl hin. Nur, dass es da gar nicht mehr war. Die Eisenstange reckte aus dem Boden, als sei nie etwas an ihr gehangen. Ein leerer Fleck starrte mich an und mir wurde schlagartig übel.

Immer wieder spielt sich nun vor meinen Augen die selbe Kopfkinoszene ab. Jemand geht zu meinem Radl hin, während ich kaum 20 Meter entfernt zufrieden und Gedanken versunken meine Bahnen ziehe, nimmt einfach so seine Massivschere aus dem Gepäck und macht sich an die Kette zu schaffen, die signiert: Das hier gehört wem. Er hat es angekettet, damit er nachher damit heimfahren kann. Diese Botschaft hat der oder die einfach ignoriert und meinen Drahtesel mit sich genommen.

Ja, ich weiß, ich klinge jetzt vielleicht schon ein wenig sehr rührig angesichts dessen, dass es sich ja nur um ein Radl handelt. Nachdem ich ein wenig hektisch, fahrig und total orientierungslos durch die Gegend gestreift war und mich auf eine (mir eigentlich bereits bewusst) absolut sinnlose Suche begab, rief ich der Reihe nach meine Herzensmenschen an, um ihnen mein Leid zu klagen. Mein Papa war erst ganz besorgt, als er meine von Traurigkeit taube Stimme hörte. Als ich ihm die Ursache erklärte, war seine Erleichterung hörbar: "Ich dachte schon, es ist was mim Clemens."

Kurz wurde mir klar, dass er wohl Recht hat. Gibt wahrscheinlich Schlimmeres als ein gestohlenes Radl. Danach fröhnte ich wieder meiner Wehmut. Nachdem nun sämtliche Schritte unternommen sind, die man menschenmöglich tun konnte, also Polizei verständigt und sogar bereits ein neues Radl mit noch sichererem Schloß gekauft, stellt sich mir nun ein ganz anderes Problem: Ein Verlust an Leichtigkeit.

Kurz zu mir: Ich bin ein relativ junges Mädl mit einem ziemlich schönen Alltag und einem Lebensgefühl, das ich wirklich nicht eintauschen möchte. Ich fühle mich die meiste Zeit frei wie ein Vogel und seit nicht allzulanger Zeit darf ich mich zudem des besten Beraters, Partners, Trösters, Zusammen-Besprechers und Für-Mich-Da-Seiers wähnen, über den der Erdenball verfügt. Woran es mir wohl irgendwie fehlte sind Schicksalsschläge.

Ein paar könnte ich schon aufzählen, tue ich jetzt aber nicht, um Datensammlungsmaschinen noch ein bisschen Spaß am Selber-Suchen zu gönnen. Allerdings ist relativ viel, muss ich gestehen, selbstverschuldet. Kaum hat mir jemals jemand irgendwas entwendet. Ich werde selten angerempelt, böse angeschaut oder gar beleidigt. Zu meiner Rechtfertigung muss ich sagen, dass ich andersrum auch versuche, immer offene Augen für andere zu haben, für sie dazu sein (wurscht ob ich sie kenne oder nicht, manchmal zählt nur der Augenblick) und generell meinen Mitmenschen mit einer gesunden Portion Freundlichkeit und Optimismus entgegen zu treten. Ich lächle Menschen ziemlich oft an, was mitunter glaube ich nicht selten auch zu diversen verwirrten Blicke der anderen Seite geführt hat. Wer ist denn die Spinnerin?? Egal.

Ich fahre jetzt mit einem ziemlich dicken, ziemlich schweren und ziemlich sperrigem Schloss durch die Gegend. Das Gewicht lässt kaum etwas anderes zu, als es als Metapher für die Schwere zu verwenden, die sich ein wenig auf mich gelegt hat. Vielleicht ist das Gefühl morgen schon vorbei. Ich hoffe es.

In letzter Zeit habe ich öfter Sprüche gelesen, die alle in die Richtung zielen, dass Glück und damit auch das Glücklich-Sein kein konstanter Zustand ist sondern immer mit Bewegung und einer Art Instand-Haltung zu tun hat. Instand-Haltung insofern, dass wohl kaum alles schön sein kann, das einem widerfährt. Aber man kann wohl lernen, die Dinge so zu bewerten, dass sie mit dem allgemeinen Kosmos (sehr Yoga-ShantiShanti) und mit der eigenen Zufriedenheit vereinbar sind. Denkbar einfach der Spruch: Take it easy.

Ich würde gerne eines Tages einem Fahrraddieb das Gesicht eines Menschens zeigen, dem gerade sein Radl geklaut wurde. Wie er da steht und ratlos und traurig in eine Leere starrt, wo grad noch sein Gefährt stand. Vielleicht über Jahre treu gewesenes. Ich glaube immer noch fest daran, dass ich so jeden Dieb bekehren könnte.

Hah, hab ich sie wohl doch nicht verloren. Denn meine Leichtigkeit ist eigentlich nur eine große entscheidende Sache: Das Vertrauen in das Leben und dass am Ende alles gut wird.

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